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Bericht Zum Thema Wanderreiten · Gesamttext
Inhaltsverzeichnis Ausgabe 467.08 der Pferdezeitung vom 09.03.08
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  Magazin


Pferde in Patagonien  · © 2008
 
Pferde in Patagonien 

    Meine Tiere sind meine Freunde   
    Über das Verhältnis von Tier und Mensch   
von © 2008  Werner Popken

Teil 1:  Das Pferd, das unbekannte Wesen
Teil 2:  Mit Pferd und Hund unterwegs


Zum Thema Wanderreiten


Die Haltung Tieren gegenüber, die Günter Wamser zum Ausdruck bringt, ist nicht nur in unserer Zeit recht neu und aufsehenerregend, sondern auch in Bezug auf die gesamte bekannte Menschheitsgeschichte. Die Einschränkung ist nötig, weil wir nicht wissen, wie es unsere Vorfahren angestellt haben, die Tiere überhaupt zu domestizieren. Soweit bekannt, ist in überlieferter Zeit kein Tier neu domestiziert worden.

Möglicherweise sind es Menschen wie Günter Wamser gewesen, denen wir die Domestizierung zu verdanken haben. Menschen, zu denen wilde Tiere Vertrauen aufbauen konnten, die sich in Tiere hineingefühlt haben. Menschen, die Beziehungen zu Tieren aufgebaut haben, wie sie eigentlich nur zwischen Menschen üblich sind, nämlich Freundschaften, geprägt von Verständnis und Respekt. » Jean M. Auel hat in einer Romanserie ausgesponnen, wie es wohl gewesen sein mag, als das erste Wildpferd, der erste Wolf gezähmt wurde (» Kinder der Erde). Nach ihrer Vorstellung muß es sich etwa so abgespielt haben, wie Günter Wamser es lebt.

Seine Einstellung ist keineswegs selbstverständlich, sondern eher ungewöhnlich, jedenfalls nach herkömmlichen Maßstäben. Unser Verhältnis zu Tieren ist ja im allgemeinen sehr vom Zweckgedanken geprägt, Schoßtiere ausgenommen. Wenn das Tier nicht so funktioniert wie gedacht, muß man sich ein anderes suchen. Ein solches Denken ist Günter Wamser sehr fremd. Dabei scheint er sich darüber gar nicht besonders im klaren zu sein. Als er sich seine beiden wilden Criollos an der Südspitze von Südamerika ausgesucht hat, wollte er eigentlich systematisch und rational vorgehen. Dann merkte er aber, daß das so nicht geht, aus verschiedenen Gründen.

Die Unmöglichkeit, diesen mißtrauischen Pferden ins Maul zu schauen, war eigentlich nur ein äußerer Anlaß. Der tiefere Grund blieb unausgesprochen, wurde nur zwischen den Zeilen deutlich. Man kann sich seine Freunde nämlich nicht anhand einer Prioritätenliste aussuchen. Bei solchen Dingen spielen Momente eine Rolle, die man rational gar nicht erfassen kann. Das Herz spricht mit, oder vielmehr: es spricht nicht nur mit, sondern entscheidet sogar.

Und nachdem sein Herz sich entschieden hatte, wollte er von seiner Entscheidung nicht ohne Not abweichen. Dabei fragt man sich als Leser immer wieder, wie leidensfähig dieser Mann ist, denn diese beiden Pferde hatten ja mit den Menschen keine guten Erfahrungen gemacht und deshalb keinen Anlaß, ihm anders als mit äußerstem Mißtrauen zu begegnen. Entsprechend schwierig war der Umgang. Mit unglaublicher Geduld versuchte er, ihr Vertrauen zu gewinnen.

Mein Tag begann stets mit dem Einfangen von Rebelde und Gaucho. Sie waren jetzt von der großen Herde getrennt. Sahen sie Falko und mich kommen, liefen sie in die am weitesten entfernt der Ecke ihrer Weide. Kam ich näher, galoppierten sie an mir vorbei. Ich ließ die Tore offen und trieb die Pferde von einer Weide in die nächst kleinere. Ich ärgerte mich, denn das kostete mich jeden Tag fast zwei Stunden. Trotzdem brachte ich sie am Abend wieder auf die große Weide, da es dort das beste Futter gab. Manchmal ließ ich ihnen das Halfter an und band das Lasso daran fest. Zum einen gewöhnten sich die Pferde an die Berührung durch das Halfter und das Lasso, zum anderen konnte ich so das Ende des etwa zehn Meter langen Lassos am nächsten Tag beim Einfangen einfach wieder aufnehmen.

Das Einfangen der Pferde klappte erst dann schneller, als ich sie an Hafer gewöhnt hatte. Den Hafer fütterte ich ihnen immer in einem faltbaren Stoffeimer, den ich ihnen über den Kopf hängen konnte, so daß sie kein wertvolles Kraftfutter auf dem Boden verstreuten. Daher waren sie auf diesen Stoffeimer fixiert, kamen zwar noch nicht von alleine auf mich zu, aber wenigstens liefen sie nicht mehr vor mir weg, sondern blieben stehen. Ein erster Schritt - ein gewaltiger Schritt.

 Der Abenteuerreiter, Seite 9-10




Charakterstärke


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Die Bergwelt der Anden · © 2008
 
Die Bergwelt der Anden
Das war wohl einmal ein Pferd · © 2008
 
Das war wohl einmal ein Pferd
Für Pferd und Mensch unbekömmlich · © 2008
 
Für Pferd und Mensch unbekömmlich
Hier sieht man deutlich, welche Charakterstärke Günter Wamser bereits zu Beginn der Reise mitbringt. Wenn schon das Einfangen so schwierig ist, wie soll es dann erst mit dem Reiten werden? Von solchen Überlegungen läßt er sich offensichtlich nicht irritieren:

Die beiden waren immer noch sehr nervös. Sie blieben beim Aufsitzen einfach nicht stehen und wurde bei der kleinsten Bewegung mit den Zügeln panisch. Selbst fühlte ich mich auch noch nicht sicher auf den Pferden, das spürten auch die Tiere. Stieg ich in den Sattel auf Rebeldes Rücken, spürte ich, wie augenblicklich sein Energiepegel anstieg. Er bog den Nacken und begann rauh zu atmen. Ich versuchte ihn zu beruhigen, strich ihm über den Nacken, aber es nützte nichts. Es war ein Gefühl, als säße ich auf einem Pulverfaß. Unglaublich wieviel Energie ich schon in diesem Pferd spürte, während er nur da stand. Und als ich anreiten wollte, explodierte das Pulverfaß. Er fing sofort an zu buckeln und auszuschlagen, und ich saß wieder im Dreck.

a.a.O., Seite 10

Sehr witzig fand ich seine Erfahrung mit der Tränke.

Gaucho und Rebelde hatten immer noch Angst vor der Tränke. Sie hatten ihr Leben lang nur aus Pfützen, Bächen oder Flüssen getrunken. Sie stießen kräftig Luft aus ihren Nüstern, ein Zeichen von Unwohlsein und Nervosität. Aber wie sagte mir ein Gaucho? »Selbst die wildeste Kuh wird irgendwann aus einer Tasse trinken, wenn ihr Durst groß genug ist.«

a.a.O., Seite 10

Ich mußte an die Lämmer denken, die ich mit der Flasche groß gezogen hatte und die nicht normal trinken wollten. Alles mögliche hatte ich schon versucht, ohne Erfolg. Es fiel mir nichts mehr ein. Alle Versuche hatten nur dazu geführt, daß sie mich gebissen hatten. Schließlich fragte ich einen Bauern, der Schafe hielt, um Rat, aber er wußte es auch nicht. »Bei uns ist noch kein Schaf verdurstet«, war alles, was ihm einfiel.

Günter Wamser verzweifelt nicht über seine Schwierigkeiten, er fühlt sich in seine Pferde ein, versucht zu verstehen, warum sie sich so verhalten, und ihnen eine Brücke zu bauen, damit sie ihr Verhalten ändern können, denn das ist notwendig, damit sie alle drei das große Abenteuer bestehen können.

Dabei ist er sich immer dessen bewußt, daß es Pferde sind, daß er von ihnen nicht mehr verlangen kann, als sie geben können. Aber es sind ja nicht nur die Pferde, auch der Hund muß dazulernen. Und den kannte er schon lange, mit ihm hatte er 3000 Kilometer zu Fuß durch Deutschland zurückgelegt.

Nicht zu nahe an die wehrhaften Hinterhufe eines Pferdes zu kommen, das hatte Falko nun auf schmerzhafte Weise gelernt. In vielen anderen Situationen jedoch verhielt sich Falko noch nicht optimal. Wenn ich auf meinem Pferd saß, rannte er voraus und wieder zurück, mal nach links, dann wieder nach rechts. Ich wollte, daß er ausschließlich auf der linken Seite neben mir lief, das sollte seine Position werden. Rechts von mir sollte das Packpferd gehen. Falko nur mit meiner Stimme zu kontrollieren, kostete sehr viel Aufmerksamkeit. Anbinden konnte ich ihn nicht, das war zu gefährlich. Ich saß auf einem Pferd, das ich noch nicht unter Kontrolle hatte - eine Situation, in der ich jede Sekunde mit einer Überraschung rechnen mußte - und Falko war nicht vorsichtig genug. Er steckte, wenn es ihn interessierte, seine Schnauze einfach in ein Loch genau vor den Hufen der Pferde und riskierte, daß er überlaufen und getreten wurde. Wie und wo er in Zukunft auf den großen weiten Flächen laufen würde, war mir egal, das konnte er selbst entscheiden. Aber es gehörte zu seiner Ausbildung, sollten wir auf Straßen unterwegs sein, oder auch an Schafherden vorbeireiten, daß er auf seiner Position blieb; selbst dann, wenn ich ihn nicht sah. Außerdem sahen die Estancieros frei umherlaufende Hunde nicht gerne und es kam vor, daß sie kurzen Prozeß machten und einen Hund einfach erschossen. Nun war aber Falko nicht ein herumstreunender Hund, sondern er war mein Freund, etwas ganz Besonderes.

a.a.O., Seite 11



Freundschaft


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Esel beim Dreschen von Getreide in Bolivien · © 2008
 
Esel beim Dreschen von Getreide in Bolivien
Mit selbstgebautem Schilfboot am Titicacasee · © 2008
 
Mit selbstgebautem Schilfboot am Titicacasee
Diese besondere Haltung Günter Wamsers seinen Tieren gegenüber kommt Ihnen vielleicht gar nicht so besonders vor, weil es Ihre eigene Haltung ist. Mir jedenfalls ist diese Sicht überhaupt nicht fremd. Dabei weiß ich sehr wohl, daß es sich dabei um etwas Ungewöhnliches, historisch Neues handelt. Da ich zu einer Zeit auf dem Lande aufgewachsen bin, als die Bauern noch überwiegend mit Pferden arbeiteten, weiß ich sehr wohl, daß diese zwar durchaus ein persönliches Verhältnis zu ihren Tieren hatten, das aber zugleich notwendigerweise sehr distanziert war.

So hatten nicht nur die Pferde, der Hund und die Katzen, auch die Kühe hatten Namen, die Schweine allerdings nicht. Trotzdem waren die Tiere eigentlich nur Mittel zum Zweck. Dem Bauern war beispielsweise jegliche Sentimentalität seinem Hund gegenüber vollkommen fremd. Der Hund mußte den Hof bewachen, die Katze Mäuse fangen, die Kühe Milch geben und die Pferde den Wagen und den Pflug ziehen.

Natürlich konnte sich der Bauer auf seine Pferde verlassen und er behandelte sie entsprechend, sprach mit ihnen und versorgte sie gut, aber genauso ging er später mit seinen Maschinen um. Ich weiß noch, wie schockiert ich vor etwa zehn Jahren war, als mir ein ehemaliger Bauer klarmachte, wie froh sie seinerzeit waren, als sie die Pferde abschaffen konnten: »Da brauchten wir nicht mehr hinter den Pferden herzulaufen!« Ja, so kann man die Sache auch sehen.

Erst durch das neue Phänomen der Pferdehaltung aus Liebhaberei, das heute die Situation prägt, ermöglicht durch den Wohlstand und den Freizeitgewinn im letzten Drittel des letzten Jahrhunderts, ergaben sich neue Entwicklungen. Völlig andere Menschen beschäftigten sich mit Pferden, Menschen wie Sie oder ich oder Günter Wamser, die sich nur deshalb mit Pferden beschäftigen, weil sie sie mögen, weil sie gern mit ihnen zusammen sind, weil sie gerne mit ihnen zu tun haben.

Die Sachzwänge im Verhältnis zwischen Mensch und Pferd sind entfallen. Die Pferde müssen im allgemeinen nicht mehr für ihre Existenz arbeiten, sie haben fast immer frei, und wenn sie nicht eingesperrt sind, können sich sich sogar recht natürlich entfalten. Damit ist aber zugleich ein ungeheurer Verlust zu beklagen. Hatte der Bauer noch den ganzen Tag mit seinen Pferden zu tun und deshalb ein intimes Verhältnis zu ihnen, sehen wir modernen Menschen unsere Pferde nur noch stundenweise und lernen sie deshalb auf gar nicht richtig kennen.

Wenn man mit seinen Pferden Tag und Nacht zusammen ist, wie das Günter Wamser über viele Jahre hinweg getan hat, bekommt man natürlich ein ganz anderes Verhältnis zu ihnen. Wer immer einen Wanderritt unternommen hat, und sei es auch nur für einen Tag oder eine Woche, hat diese intensive Änderung im Verhältnis zum Pferd selbst erfahren. In der letzten Woche habe ich von der unvergeßlichen Szene gesprochen, als der Wanderreiter zu Fuß mit seinem Hund an unserem Haus vorbeikam. Seither rätsele ich, ob er sein Pferd geführt hat. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube nicht. Höchstwahrscheinlich ist das Pferd frei neben ihm hergelaufen.

Auch das werden Sie vielleicht kennen. Als ich mein erstes Pferd kaufte, war ich sehr beeindruckt, daß die Stute auf dem Weg zur Reithalle frei neben dem Besitzer herlief. Inzwischen habe ich das natürlich nicht nur bei mir selbst, sondern auch bei vielen anderen schon gesehen. Diese Szene drückt die Verbundenheit des Pferdes mit dem Menschen sehr stark aus. Der Wanderreiter hat vermutlich ebenso wie der Bauer kein Aufhebens darum gemacht - und gerade deshalb ist dieses Verhalten so beeindruckend. Das ist in meinen Augen wirkliche Dominanz. Der Mensch ruht einfach nur in sich selbst und das Pferd akzeptiert ohne Mühe die Überlegenheit.

Mit dem Hund ist das natürlich genauso. Ich hatte das Buch noch nicht gelesen, da sprach ich mit Günter Wamser über meine Erfahrungen. Natürlich ist es unbefriedigend, den Hund daheimzulassen. Unterwegs ist es aber sehr schwierig und unangenehm, den Hund an der Leine zu haben. Trotzdem muß man auch vom Sattel aus die Kontrolle über den Hund behalten. In unseren Gegenden ist es so gut wie ausgeschlossen, daß man dem Verkehr immer vollständig ausweichen kann. Allein wenn es darum geht, eine Straße zu überqueren, müssen Pferd und Hund zuverlässig reagieren.

Und nun schaue man sich an, wie Hundebesitzer ohne Pferd von ihrem Hund durch die Gegend gezerrt werden. Für mich ist dieser Anblick ein Jammer. Natürlich kostet es Arbeit und Mühe und Anstrengung, einen Hund auszubilden, aber es lohnt sich. Sowohl der Hund als auch der Mensch können sich des Lebens mehr erfreuen, wenn sie sich aufeinander verlassen können. Dann braucht man auch keine Leine mehr, der Hund läuft auch so bei Fuß, wenn er soll, ob vom Boden oder vom Sattel aus. Freilich gibt es wohl Hunderassen, die damit überfordert sind, deren Jagdtrieb etwa so ausgeprägt ist, daß sie der Versuchung durch eine frische Fährte nicht widerstehen können. Mit solchen Hunden hatte ich es bisher glücklicherweise noch nicht zu tun.



Abenteuer


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Not macht erfinderisch · © 2008
 
Not macht erfinderisch
Fußkrank · © 2008
 
Fußkrank
Macht Ihr Pferd das auch mit? · © 2008
 
Macht Ihr Pferd das auch mit?
Irgendwie sind wir hin- und hergerissen. Es ist so gemütlich zu Hause, warum sollte man diese Idylle verlassen und sich hinauswagen in die feindliche Welt, um Abenteuer zu bestehen? Freilich ist es nicht nur gemütlich, sondern unter Umständen auch sehr langweilig, und die Langeweile kann sich sehr schnell auch zur Folter entwickeln. Wir brauchen eben auch die Abwechslung, die Herausforderung, das Risiko, den Kitzel, die Ungewißheit, und je größer die Anstrengung, desto größer auch die Befriedigung nach bestandenem Abenteuer.

Deshalb zieht es uns wahrscheinlich immer wieder in die Ferne. Es ist ja kein Vergnügen, Koffer zu packen, sich im Flughafen zu drängeln, fremde Länder, fremde Menschen, fremde Gewohnheiten kennenzulernen, das alles ist unbequem und macht unter Umständen auch Angst. Aber davon zehrt man dann sehr lange, das macht das Leben lebenswert, davon kann man vielleicht noch den Enkeln erzählen, während das normale Leben nicht der Rede wert ist.

Selbst einem Großunternehmer in Sachen Fernweh wie Günter Wamser geht es nicht anders:

Nun wollte ich jedoch das »richtige Unterwegssein« testen, was nochmals einen sehr einschneidenden Unterschied zum bisherigen Training bedeutete. Es sollte ein zweitägiger Proberitt werden, auf dem ich nicht nur die Ausrüstung und deren Vollständigkeit testen wollte, sondern auch Antworten auf einige Fragen suchte: Hatte ich alles Notwendige für ein Lagerleben dabei? Wie würde ich die komplette Ausrüstung am Pferd verzurren und transportieren können? Wird sich mein selbst erdachtes Pack- und Befestigungssystem bewähren? Wie konnte ich die Pferde beim Zelt halten? Mußte ich sie anbinden, und wo sollte ich sie in der Weite der beim war überhaupt anbinden? Wie würde die Versorgung, speziell auch das Kochen, Wasser holen, Tiere versorgen usw. klappen?

Meine erste Nacht im Zelt lag ich lange wach. Ich konnte nicht schlafen, obwohl ich todmüde war. Ich durchlebte ein Wechselbad der Gefühle und Gedanken. Noch nie zuvor war mir die Herausforderung meines Vorhabens so bewußt geworden. Einen Moment lang spürte ich Aufregung, Angst, Unsicherheit und machte mir Sorgen. Dann fühlte ich mich wieder als Held und Abenteurer. Ich zweifelte, grübelte und stellte meine Idee in Frage.

a.a.O., Seite 12

Immerhin - das ist doch durchaus positiv. Günter Wamser ist keiner, der mit dem Kopf durch die Wand will, der nicht mehr nachdenkt, wenn er einmal einen Entschluß gefaßt hat. Zwar ist der Weg das Ziel, die Reise sein Leben, aber es geht nicht um das Unterwegssein an sich, sondern um die Qualität des Lebens und Erlebens. Günter Wamser reist nicht um jeden Preis und ist durchaus bereit, sein großes Ziel zu vergessen, wenn er spürt, daß es ihm nichts mehr bedeutet.

Aber natürlich braucht man für die Durchführung einer solchen Reise eine enorme Menge an Durchhaltevermögen und Entschlußkraft. Wenn diese aber zum Selbstzweck wird, kann sie nicht mehr richtig sein. Das wird ihm überdeutlich vor Augen geführt.



Erlebnisqualität


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Zu Beginn der Reise begegnet er zwei Weltreisenden, die sich gewissermaßen verrannt haben, die ihm ein warnendes Beispiel sind:

Ich war in Argentinien mit einem Mietauto unterwegs auf der Suche nach Pferden. Auf der Nationalstraße Nr. 3, einer breiten Schotterpiste, auf einer kleinen Brücke, im Schutz der niedrigen Mauer, geduckt in sich zusammengekauert, saß ein Mensch, daneben lag ein Fahrrad. Ein Unfall? Ich stieg aus, lief auf den am Boden Hockenden zu.

»Wie geht's?« sprach ich ihn in einem Gemisch aus Spanisch und Englisch an. »Was ist passiert?«

»Scheiß Wind!« kommt es mir auf Deutsch entgegen. »Ich hab die Schnauze voll! Scheiß Wind! In Baja California bin ich fast verdurstet. In Kolumbien haben sie mich bis aufs Hemd ausgeraubt, aber das ist alles nichts im Vergleich zu diesem Scheiß Wind! Ich fahre keinen Meter mehr. Ich warte auf das nächste Fahrzeug, ich schmeiß das Fahrrad drauf. Scheiß Wind!«

Bernd aus Berlin war vor eineinhalb Jahren in Kalifornien mit einem Fahrrad losgefahren. In Mexiko hatte man seine komplette Ausrüstung gestohlen, in Kolumbien sein Fahrrad. Vor ihm lag nun ein Rad, das ihm ein deutscher Botschaftsangehöriger in Kolumbien geschenkt hatte und sein ganzes Hab und Gut in drei Plastiktüten.

»Magst du Wasser?«

»Verdammter Scheiß Wind!«

Ich versuchte ihn zu motivieren: »Du, bis nach Ushuaia sind es nur noch 100 Kilometer.«

»Ich fahre keinen Meter mehr. Scheiß Wind!«

Zwei Tage später, auf der gleichen schnurgeraden Schotterpiste, kam mir wieder etwas entgegen, ein Punkt in der kargen Landschaft. Was mochte das sein? Kein LKW, kein Fahrzeug, auch kein Rind. Ein Mensch! Und was bewegte sich da hinter ihm? Ein Handwagen - mein Gott, das mußte der Japaner sein!

In einem kleinen Hotel in Ushuaia hatte mir ein Reisender erzählt, ein Japaner, der einen kleinen Handwagen hinter sich herziehe, sei auf diesem Kontinent unterwegs. Er war in Venezuela aufgebrochen, sein Ziel: Ushuaia.

Ich stieg aus, ging auf den Japaner zu, um ihn zu begrüßen, um ihn zu beglückwünschen. Es trennten ihn lediglich noch drei Tage von seinem Ziel.

»Hallo! Guten Morgen, wie geht's? Hallo!«

Keine Kopfbewegung, nichts! Er nahm mich gar nicht wahr. Er lief an mir vorbei, als wäre ich gar nicht da. Es war nichts Menschliches an ihn zu erkennen. Ein kleiner, programmierte Roboter. Ausgelaugt, erschöpft, nur noch einen Schritt vor den nächsten setzend.

Ich mußte immer wieder an die beiden denken. Warum nimmt ein Mensch solche Strapazen auf sich, wenn ihm das, was er tut widerstrebt, wenn er nicht glücklich, nicht zufrieden dabei ist. Warum?

Plötzlich wurde ich aus meinem Gedanken gerissen. Ich hörte das Klingen einzelner, gespannter Drähte. Es vor mir durch Mark und Bein. Darauf der dumpfe Halle von Pferde rufen. Nein! Ich sprang aus dem Zelt. Rebelde galoppierte ausschlagen kann Zaun entlang von uns weg. Ich schaute ihm verärgert hinterher, zweifelte wieder. Seit fünf Wochen arbeitete ich mit Rebelde und fast genauso lang trug ich den Gedanken mit mir herum, ihn gegen ein anderes Pferd zu tauschen.

a.a.O., Seite 15-16

Er tat es nicht. Rebelde wurde ihm ein genauso unverzichtbarer Freund wie Gaucho. Freunde läßt man nicht hängen, wenn es Probleme gibt. An verschiedenen Stellen spricht Günter Wamser davon, daß er die Träume auslebt, die viele von uns haben. Das mag sein, aber es ist vermutlich nicht nötig, jahrelang auszusteigen, um seine Träume wahr werden zu lassen. Man kann sich durch einen Weltenbummler wie Günter Wamser gut anregen lassen, einmal kurzzeitig aus dem Alltagstrott auszusteigen und etwas Abenteuer zu wagen. War denn seine Wanderung durch Deutschland nicht ebenfalls aufregend und interessant? Hätte man die nicht auch mit dem Pferd machen können?

Fred Rai schwärmt davon, daß er ganz Deutschland zu Pferd durchquert hat - wenn ich es richtig verstanden habe, nicht an einem Stück, sondern in Etappen. Leider verrät er nicht, wie er es gemacht hat, aber damals war es vermutlich nicht so einfach wie heute. Inzwischen kann man den Grad der Abenteuerlichkeit hierzulande ziemlich genau bestimmen - wenn man so tut, als bewege man sich durch Südamerika, kann man auf jeglichen Komfort verzichten, man kann aber auch auf das Angebot der Wanderreitstationen zurückgreifen, die in vielen Bundesländern zur Verfügung stehen. Für mich wäre das schon Abenteuer genug. Das Verhältnis zum Pferd und zum Hund, falls man einen hat, wird sich auch durch solche vergleichsweise zahmen Unternehmungen auf jeden Fall grundlegend verändern, vertiefen, eine neue Qualität bekommen. Probieren Sie es aus!



Quellen / Verweise


  1. » Jean M. Auel
  2. » Kinder der Erde
  3.  Der Abenteuerreiter
  4.  Das Pferd, das unbekannte Wesen, Über den Beginn eines neuen Zeitalters
      Ausgabe 463 · Teil 1
  5.  Mit Pferd und Hund unterwegs, Auf langsame Art von Feuerland nach Mexiko
      Ausgabe 466 · Teil 2


Fotos

© 2008  Günter Wamser




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