Wer "Recht" bekommt, wird sich zeigen. Vielleicht wird das Thema nun doch nicht mehr einfach durch den Gesetzgebungsprozess durchgewunken. Wie dem auch sei, es ändert meiner Ansicht nach nichts an dieser Tatsache: Es gibt auf allen Seiten Pfuscher. Und es gibt genug Pferdebesitzer, denen der Preis für die Hufpflege der wichtigste Maßstab ist, die zu lange warten, denen es egal ist - Hauptsache Pferd läuft, oder die so schwierig im Umgang sind, daß die guten Hufdienstleister dankend abwinken und damit den Weg für die Pfuscher frei machen. Als bekennender Barhuf-Fan kenne ich jedenfalls Schmiede, die deutlich besser ausschneiden als mancher Barhufspezialist. Umgekehrt haben schlechte Schmiede einen Vorteil: Wenn die schlecht arbeiten, merkt der Besitzer es oft nicht, weil beschlagene Pferde durch die abgeklemmte Blutpumpe meist kaum noch Gefühl in den Hufen haben. Ein falsch geschnittenes Barfußpferd mit lebendigen Hufen reagiert da schon schneller und deutlicher. In meinen Augen bringt es den Fundamentalisten nichts, auf den Schmieden rumzuhacken. Die haben in meist guter Absicht eine meist sehr langwierige Ausbildung durchgezogen, in der ihnen im Schwerpunkt handwerkliche Fähigkeiten, ein wenig Wissen ums Pferd an sich und das hunderte von Jahren alte Weltbild "Hufschutz ist unabdingbar" vermittelt wurde. Sie mußten sich vor dem Aufbau ihres Kundenstamms für ihre Selbständigkeit reichlich Ausrüstung und Material zulegen und in ein entsprechendes Fahrzeug packen. Der (Bar-)Hufheilpraktiker lernt das Wesentliche in deutlich kürzerer Zeit und bringt sein Equipment locker in einem Kleinwagen unter. Auch für Schmiede, vor allem für die, die hauptberuflich arbeiten, gilt: Sie leben von ihrem Kundenstamm, der sie und ihre Familien ernährt. Diese Kunden nach einer eigenen Bekehrung vor den Kopf zu stoßen, sie zum Teil zu verlieren und im Sinne der Fundies sofort sein Leben komplett zu ändern, kann nicht von jedem Schmied verlangt werden. Zumal sich die Art, auf das Gegenlager zuzugehen, in meinen Augen bei keiner Seite durch besondere Diplomatie ausgezeichnet hat. Gut - Schmiede sind auch Menschen und damit nur bedingt bereit, gewohnte Bahnen zu verlassen und Alternativen auszuprobieren. Es sei denn, der Kunde will eine Alternative, genau den betreffenden Schmied und hat dazu die entsprechende Überzeugungskraft. Von Seiten der Alternativen, also den Barhufleuten und den Huftechnikern, heißt es: Es ist genug Potenzial für alle, Berufe um den Pferdehuf sind ein Wachstumsmarkt! In Deutschland gab es nach der offiziellen Zählung in 2003 über 500.000 Pferde und Ponies, mittlerweile sind es sicher mehr. Andere Quellen sprechen von 1,5 Millionen Pferden. Nehmen wir die Mitte, also 1 Million. Auch die Angaben über die Zahl der Schmiede und die derer, die nicht staatlich geprüft sind, gehen auseinander: Es ist die Rede von 400 bis 800 Huforthopäden, -heilpraktikern und -technikern gegenüber den 4500 Schmieden. Nach meinen Informationen sind über 60% der "Alternativen" nur im Nebenerwerb tätig, bei den Schmieden sind das vielleicht 40%. Es gibt nämlich deren viele, die hauptberuflich ihre Schlosserei haben - allein schon wegen der körperlichen Belastung eines "Hufmenschen". Ein guter "Alternativer" schafft am Tag vielleicht 5-8 Pferde, ein Schmied mit Aufhalter 10. Für die Nebenberufler nehme ich schätzungsweise 5 pro Woche an. Der Hufpflegerythmus sei beim Schmied 8 Wochen, beim Alternativen 4 Wochen wegen der überproportional vielen Krankheitsfälle, die sie wieder hochpäppeln. Die Blitzrechnung ergibt: 360 nebenberufliche HHP betreuen regelmäßig je 65 Pferde, 240 hauptberufliche HHP je 390, 1800 nebenberufliche Schmiede schaffen da je 33, die 2700 Hauptberuflichen je 325 Pferde zu betreuen. Das ergibt gut eine Million Pferde, die nur extern und nicht vom Halter selbst betreut werden. Die Pferde, die von ihren Besitzern autark versorgt werden, sind also nicht dabei. Stimmt diese Rechnung, haben wir einen Verdrängungs-, keinen Wachstumsmarkt! Das erklärt die Situation und das Verhalten des Schmiedeverbands recht gut, finde ich. Das Verdrängen kann man gut spüren: Beide Seiten werfen der anderen vor, die Preise kaputt zu machen, und beide Seiten haben recht: Die Schmiede haben ein Problem, weil eine saubere Rundum-Barhufpflege aufwendig, aber trotzdem billiger ist als der Beschlag. Zudem ist auf dem Material eine Spanne kalkuliert, die beim reinen Ausschneiden wegfällt. Umgekehrt haben Hufheilpraktiker ein Problem mit den etablierten Preisen für das Ausschneiden durch den Schmied. Dieser ist damit in der Regel deutlich schneller fertig als ein ernsthafter HHP, nimmt vielmehr diese Arbeit oft nicht wirklich ernst und läßt sich das mit einem Freundschaftspreis von 15 oder 20� bezahlen. Das wird vom Kunden als Meßlatte gesehen. Also steht der HHP vor der Wahl: Entweder pfuschen oder im Extremfall mit 5� Stundenlohn auskommen, wenn er die Fahrzeit mitrechnet. Aufklärungsarbeit ist also gefragt! Und jetzt kommt der HHP zum Zug. Er versteht in der Regel mehr von der Sache und kann den interessierten Kunden einweisen und schulen. Mit dieser Anleitung kann sich der geneigte Pferdebesitzer in das Gebäude und die Hufe seines Pferds einarbeiten und diese im wesentlichen selbst pflegen, bei regelmäßiger Kontrolle durch seinen "Meister". Diese Konstellation geht bei Beschlag nicht, selten hat ein Kunde Ausrüstung und Möglichkeiten, selbst zu beschlagen.
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