In einem Beitrag des WDR fand ich folgenden Satz über Klimke: "Anders als einige betuchte Kollegen arbeitet Klimke, um reiten zu können - als Anwalt und Notar." (» Dem Pferd verfallen) Hm, ja, stimmt, das muß ja alles bezahlt werden. Und da taucht so ein Senator auf und ist bereit, ordentlich zu investieren. Das möchte ich doch verstehen.
Lieselott Linsenhoff ist seine Tochter. Deren sportliche Karriere wird uns noch beschäftigen. Lieselott Linsenhoff hat ihrerseits eine Tochter namens Ann Kathrin. Ann Kathrin Linsenhoff reitet wie ihre Mutter Dressur, und zwar sehr erfolgreich, also wird sie uns in dieser Geschichte des Sports ebenfalls noch begegnen. Sie hat gerade erst an den Europameisterschaften in Hagen und am Weltfest des Pferdesportes in Aachen sehr erfolgreich teilgenommen.
| Doch Ann Kathrin Linsenhoff konzentrierte sich nie ausschließlich auf den Dressursport. Sie legte 1987 ihr Examen als Tierärztin in Gießen ab, 1991 wurde ihr Sohn Moritz geboren. Danach wurde es ruhiger um die Reiterin, obwohl sie weiter bei Turnieren startete.
1999 starb ihre Mutter, die Ann Kathrin Linsenhoff als "mein Idol" bezeichnet - sie hatte 1972 in München als erste Frau einen Olympiasieg im Dressurreiten gefeiert.
Privat wie sportlich begann dann ein neuer Lebensabschnitt: Im August 2001 kam ihre Tochter Liselott-Marie zur Welt, und kurz darauf ritt die Sportlerin mit ihren neuen Pferden Renoir und Wahajama zurück in die Weltspitze. Auch ihr soziales Engagement erregte Aufsehen. Die "Ann-Kathrin-Linsenhoff-UNICEF-Stiftung", gegründet im Juni 2002, unterstützt Projekte des Kinderhilfswerks. "Ich bin wohlhabend geboren und möchte ein Stückchen von meinem Glück abgeben", betont die Weltmeisterin und Olympiasiegerin. » Ann Kathrin Linsenhoff - persönlich | | |
So - das sind also die Verhältnisse. Und wie kam es dazu? 1991 wurde die VDO Adolf Schindling AG von der Mannesmann AG aufgekauft und 2001 von der Siemens AG übernommen. Möglicherweise ergab sich dadurch für Ann Kathrin Linsenhoff die Situation, Anfang des Jahres 2002 über eine größere Menge Kapital verfügen zu müssen. Jedenfalls hat sie die Stiftung mit 500.000 EUR ausgestattet (» Die Stiftung).
Anfang diesen Monats hat sie zum dritten Mal ein Festival zugunsten ihrer Stiftung auf dem Schafhof in Kronberg im Taunus durchgeführt, den ihr Großvater seinerzeit gekauft und zum Turnierstall umgebaut hatte (» Schafhof-Festival). Für ihr Projekt im Sudan konnten allein durch dieses Festival über 400.000 EUR aufgebracht werden (» Der Erlös).
Aber wie begründet sich denn überhaupt so ein soziales Engagement? Die Nachrichten sind doch voll von gierigen Großverdienern, die den Hals nicht voll bekommen können und in ihrer Geldgier selbst vor kriminellen Machenschaften nicht zurückschrecken. Gibt es denn auch "gute Unternehmer"?
Adolf Schindling, der Vater und Großvater, ist Unternehmer. 1920 gründete er sein erstes Unternehmen, das er zu der Weltfirma entwickelte, die heute zu Siemens gehört (» Die Siemens VDO Automotive AG � ein Unternehmen mit Tradition). Und zwar zweimal, denn 1945 waren 80% seines Unternehmens zerstört. Unverdrossen fing er wieder von vorne an und baute die Firma noch einmal auf. Aber anscheinend hatte er seine Erfolge auch auf seine menschlichen Qualitäten gebaut:
| Der Inhaber wußte sehr wohl, wie viel er seinen Mitarbeitern zu verdanken hatte. Schon 1949 gründete er darum die Adolf-Schindling-Stiftung. Sie gewährt allen Angehörigen seiner Belegschaft Unterstützung in Notfällen, sichert ihre Altersversorgung, trägt die Kosten einer gründlichen Gesundheitsfürsorge und vergibt Wohnungsbeihilfen. Für das soziale Verständnis des Mannes, der das Werk ursprünglich schuf und dann unverzagt zum zweiten Male aufbaute, zeugt diese ebenso umfassende wie in ihrer Organisation vorbildliche Einrichtung und vor allem der frühe Zeitpunkt ihrer Errichtung. Daß ihm in Anerkennung seines Lebenswerkes später die Würde eines Ehrensenators der Technischen Hochschule Darmstadt und andere hohe Auszeichnungen zuteil wurden, ehrte ihn weniger als diese Tat. » vdo tachometer werke adolf schindling gmbh | | |
Nun stammt dieser Text aus einem Buch, das seine Entstehung zum Teil der direkten Mitarbeit der beteiligten Unternehmen verdankt (» dokumentation zur nachkriegszeit). Man mag also unterstellen, daß hier Schönfärberei getrieben wird. Ein zweiter Blick lehrt jedoch, daß es sich hier weitgehend um Fakten handelt, an denen nicht gerüttelt werden kann.
In der heutigen Zeit sind wir es gewohnt, daß Unternehmer bzw. Unternehmen und deren angestellte Leiter, die Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzenden, ausschließlich im Sinne des Kapitals handeln und dabei nicht vor grausamen Einschnitten in die soziale Sicherung der arbeitenden Menschen zurückschrecken. Assistiert werden die heute allmächtig erscheinenden Unternehmer durch die Politik, deren Vertreter zuweilen als reiner Ausführungsorgane erscheinen.
Man muß sich fragen, wie wir es denn angesichts der angeblichen Sachzwänge überhaupt zu diesen soziale Errungenschaften haben bringen können. Die Antwort ist einfach. Es waren Unternehmer, die im Alleingang das soziale Netz gestrickt haben, das wir heute mit Fleiß demontieren. Diese Entwicklungen gehen natürlich zurück auf das entsetzliche Elend des 19. Jahrhunderts, das einige der damals erfolgreichen Unternehmer aus eigener Anschauung kannten.
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