Vielleicht. Vielleicht ist die Sache aber auch noch viel komplizierter. In der erwähnten Serie hatten wir erfahren, daß der Philosoph und Tierschützer Helmut Kaplan nicht nur Vegetarier ist, sondern nach einem Regen auch die Regenwürmer vom Bürgersteig sammelt, um sie in Sicherheit zu bringen. Mit Menschen ist er beileibe nicht so zimperlich:
| Wenn ich erfahre, daß jemand, der soeben gestorben ist, ein Jäger war, so werde ich von einem tiefen Glücksgefühl übermächtigt. Wenn ich dann auch noch höre, daß der Betreffende vorher leiden mußte oder gar bei der Ausübung seines Mord-Hobbys zu Tode kam - wie der Atom-Verbrecher Franz Josef Strauß -, so ist mein Vergnügen umso größer. » Wenn Jäger sterben | | |
Henryk M. Broder hat die fatalen Wirkmechanismen im Zusammenhang mit dem Tierschutz sehr schön in der Einleitung seiner Kritik an Kaplan vorgeführt:
| Wer sich in unserer menschlichem Leid gegenüber erstaunlich gleichgültigen Gesellschaft öffentlichkeitswirksam für Tiere einsetzt, kann sich automatisch im Recht fühlen und dazu noch sehr edel. Das lenkt manchmal von persönlichen Problemen ab, in einigen Fällen gar von der Unfähigkeit mit dem eigenen Leben fertig zu werden. Wobei das allein noch nicht unbedingt schlecht ist � so lange das, was in diesem Zusammenhang als Tierschutz bezeichnet wird, diese Funktion auch tatsächlich erfüllt, und sei es meinetwegen als bloßer Kollateralnutzen der Selbstinszenierung als Bessermensch. » Kennen Sie Kaplan? | | |
Kein Wunder, daß viele, insbesondere auch Pferdefreunde, den Tierschützern reserviert gegenüberstehen. Mein Beitrag Tierschutz oder Tierrecht? endet mit der Bemerkung "Fortsetzung folgt, Lösungsvorschläge erbeten". Bis heute sind keine eingegangen. Ist also der Tierschutz generell eine Bewegung, die sich selbst diskreditiert? Oder muß man differenzieren? Kann man Leute wie Carlo Faillace ernstnehmen oder muß man sie genauso kritisch betrachten wie Helmut Kaplan?
Vor ein paar Tagen habe ich ein sehr interessantes Interview mit Helmut Maucher, 78, Ehrenpräsident der Nestlé AG, gelesen (» �Ich habe keine Sehnsucht nach einfachen Lösungen. Aber ich sehe viele Dinge einfacher.�). Darin ist auch von sogenannten Nichtregierungsorganisationen (NROs, englisch NGO) die Rede, zu denen auch die Tierschutzverbände mit ihren vielen verschiedenen Spielarten gehören.
| Ich hatte es noch mit maximal 10 000 von diesen Organisationen zu tun, von denen ich mich mit vielleicht 300 befassen musste. Inzwischen gibt es gut 30 000, die sich immer wieder etwas einfallen lassen. Aber es gibt ja verschiedene NROs � und manche sind auch nützlich. a.a.O. | | |
So so, er hält manche für nützlich. 300 kennt er genauer. Die meisten davon machten ihm und den Mitarbeitern seiner Firma das Leben schwer. So etwas nennt man doch wohl eine Subkultur, oder? Bekannt ist, daß manche dieser Organisationen über erhebliche Geldmittel verfügen und industriell gemanagt werden, ohne daß sie irgend einer Kontrolle unterliegen würden. So kann jeder im Trüben fischen, wenn es ihm beliebt. Wie sieht das im Bereich des Pferdeschutzes aus?
Auf der Seite von Carlo Faillace lese ich etwas vom "Brambell Report". Darauf beruft er sich. Was ist das denn? Nie gehört. Auf der amerikanischen Wikipedia werde ich unter dem Stichwort Tierschutz (» Animal welfare) fündig. Der moderne Tierschutz beginnt im Jahre 1822 in England. Das Parlamentsmitglied Richard Martin schlug ein Gesetz zum Schutz vor Grausamkeit gegen Rinder, Pferde und Schafe vor. Martin gehörte auch zu den Gründern des ersten Tierschutzvereins im Jahre 1824, der Society for the Prevention of Cruelty to Animals (SPCA), die schon durch ein Netz von Inspektoren Fälle von Mißbrauch an die Behörden meldete, und später von Queen Victoria akzeptiert und damit die Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals wurde.
1837 wurde in Stuttgart von Pfarrer » Albert Knapp der erste deutsche Tierschutzverein gegründet. 1871 wurde der Tierschutz erstmals im deutschen Gesetz verankert; die letzte Fassung stammt von 1998. 1881 schlossen sich alle deutschen Vereine zum » Deutschen Tierschutzbund zusammen, der 1992 etwa 650 Mitgliedsvereine mit etwa 600.000 Mitgliedern hatte. Selbstverständlich gibt es auch Organisationsformen auf europäischer und internationaler Ebene. Das sind wohl die Guten.
» Rachel Carson veröffentlichte im Jahre 1962 mit "The Silent Spring" (Der stumme Frühling) eine apokalyptische Vorstellung, die durch die zunehmende Verwendung von Pestiziden (DDT) nicht von der Hand zu weisen war. Damit löste sie die amerikanische Umweltbewegung aus. Kurz zuvor war bekanntgeworden, daß Contergan zu schweren Mißbildungen bei Neugeborenen führen konnte. Zwei Jahre später veröffentlichte die Engländerin Ruth Harrison das Buch "Animal Machines" (Tiermaschinen), das die modernen industriellen Methoden der Tierhaltung anprangerte und die Öffentlichkeit aufrüttelte (» A Tribute to Ruth Harrison). Unter anderem deshalb beauftragte die englische Regierung im Jahr 1965 Prof. Roger Brambell mit einer Untersuchung: dem Brambell Report. Auf dieser Grundlage wurde dann im Jahr 1967 das Farm Animal Welfare Advisory Committee eingesetzt, das im Jahre 1979 in Farm Animal Welfare Council umbenannt wurde.
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