|  |  | | F.A.Z. Wirtschaft, Nr. 301 / Seite 13 |  |  |  |
| Wettbewerbsschutz für die Hufschmiede
Neues Gesetz gegen die Konkurrenz durch private Hochschulen / Der Pferdefuß im Bundestag / Von Lukas Weber
Frankfurt, 26. Dezember. Mit eher lästigem Gepäck sind die für Agrar und Bildung zuständigen Ausschüsse des Bundestags in den Weihnachtsurlaub gegangen. Darinnen ist, als Altlast des Verbraucherministeriums von Renate Künast, ein Gesetzentwurf, der die Arbeit an den Füßen von Pferden und Klauentieren neu regeln will. Der greift so heftig in die bestehende Praxis ein, daß Verbraucherminister Horst Seehofer nun wütende Protestebriefe der Betroffenen lesen muß, obwohl er für die Vorschläge gar nichts kann.
Im Kern geht es dabei um den Berufszugang für die Arbeit am Huf. Die soll künftig ausschließlich den Absolventen der staatlichen Lehrschmieden vorbehalten sein. Das wäre das Ende der privaten Hufschulen, für deren Abgänger es dann faktisch ein Berufsverbot geben wird, das durch ein paar Übergangsregelungen versüßt werden soll. Der Ausschuß im Verbraucher Ministerium, der sich das ausgedacht hat, begründet die Notwendigkeit einer solchen Regelung mit den Tierschutz. Es habe zuviel Pfusch am Pferde Huf gegeben, erklärt Uwe Lukas, der Vorsitzende des Ersten Deutschen Hufbeschlagschmiedeverbandes (EDHV). Die Pferdehalter müßten davor geschützt werden.
Untersuchungen darüber, ob die rund 800 Abgänger der privaten Hufschulen tatsächlich schlechter arbeiten als die 4000 staatlich legitimierten Schmiede, gibt es freilich nicht. Eher ist es eine Vermutung, weil deren Lehrzeit vergleichsweise kurz ist. Der Schmied macht bisher nach einer Ausbildung als Metallbauer mindestens ein Jahr Praktikum, dann vier Monate Schule, wobei das Praktikum künftig auf zwei Jahre verlängert werden soll. Die vier großen privaten Schulen bieten verschiedene Ausbildungswege an, einige beschränken sich dabei grundsätzlich auf die Versorgung des unbeschlagenen Hufs. Diesen Beruf des (Bar-) Hufpflegers wird es in Deutschland bald nicht mehr geben, da in seltsamer Definition künftig als Huf-"Beschlag" im Sinne des Gesetzes sämtliche Verrichtungen am Huf zu verstehen sein sollen, die über das Reinigen hinausgehen. Dort, wo das Anbringen von Hufschutz gelehrt wird, kommen in den privaten Schulen nach einigen Wochen Ausbildung etwa 90 Tage Praktikum zusammen.
"Das läßt sich schlecht vergleichen", sagt Alexander Wurthmann, der Geschäftsführer der privaten BESW Hufakademie in Glonn. In der Metallbauerausbildung lernten die jungen Leute, Eisen zu biegen, aber nichts vom Pferd. Im Praktikum sei es dann Glückssache, ob der Schmied seinem Lehrling etwas beibringe oder ihn monatelang die Huf hochhalten lasse. Die privaten Schulen beschäftigen sich ausschließlich, wenn sie nicht nur den Barhuf propagieren, mit Hufschutz aus Kunststoffen, der geklebt oder genagelt wird. Sie seien ja gerade deshalb entstanden, weil die Schmiede den modernen Hufschutz nicht verwenden wollten, erklärt Thekla Friedrich, Prüfungsbeauftragte der Gesellschaft für Hufs- und Klauenpflege (GdHK), die Eisen ablehnt. Da das alte Hufbeschlagsgesetz aus dem Jahre 1940 sich auf das Anbringen von Eisen bezieht, konnte um die modernen Werkstoffe ein neues Berufsbild (Huftechniker) entstehen, die nun mit dem Gesetz der Garaus gemacht werden soll.
Daß die stoßdämpfenden Materialien dem Pferdefuß guttun, ist allerdings von vielen Studien belegt. Der Pferdefuß habe mehr Elastizität, als man glaube, erklärt Professor Karl-Heinz Budras von der Universität Berlin, ein bekannter Spezialist für Pferde-Orthopädie. Beschläge aus weichen Werkstoffen schonten den Bewegungsapparat. Hufschmied Lukas verweist allerdings darauf, daß in der Metallbauerausbildung auch andere Werkstoffe gelehrt würden. Außerdem stehe die zweijährige Ausbildung künftig den Absolventen jedes beliebigen Berufs offen - die einzige Regelung im Gesetzentwurf, die von allen Seiten gutgeheißen wird. In der neuen Prüfungsordnung werden sogar zwei Füße mit alternativem Schutz verlangt, auch wenn nicht sicher ist, ob der Kandidat dessen Anbringung im Praktikum gelernt hat. "Nur der Schmied kann und darf sämtliche Materialien anbieten und die Pferdebesitzer daher umfassend beraten", erklärt Lukas.
"Aber er macht es oft nicht", sagt Martin Vögele. Der Schmied aus Magstadt, erster (von zweien) sowohl staatlich geprüfter Hufschmied als auch privat geprüfter Huftechniker, kann gleich reihenweise fußkranke Pferde vorstellen, die er mit gummiummanteltem Hufschutz wieder zum Laufen gebracht hat. Die meisten Schmiede machten Nicht-Eisen-Beschläge nur halbherzig oder gar nicht - eine Erfahrung, die von Pferdehaltern und von der Statistik des Handels bestätigt wird, nach der das Eisen noch rund 95 Prozent Marktanteil hält
Den Besitzern der rund 1,5 Millionen Pferde in Deutschland wird unterdessen von Gesetzgeber und Schmiedeverband bescheinigt, daß sie zu wenig Ahnung haben, sich ihren Dienstleister selbst auszusuchen. Wenn es den Hufpfleger nicht mehr gebe und den Schmiede der Nachwuchs ausgehe, weil sich die Ausbildungszeit verdoppelt hatte, führe das zu einer weiteren Verknappung des Angebots, meint die Vereinigung der Freizeitreiter (VFD). Die VFD hat sogar bemerkt, was den meisten entgangen ist: Nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs dürfen die Pferdebesitzer den Huf nur noch putzen. Wenn ein Eisen locker ist oder das Pferd wegen eines hineingetretenen Steines lahmt, müssen sie warten, bis der Schmied kommt. Es lahmt dann solange im Dienste des Tierschutzes.
» Frankfurter Allgemeine Zeitung, Dienstag, 27. Dezember 2005, Nr. 301 / Seite 13 | | |