|  | Straßer, Handbuch der Huforthopädie |  |  |  |
| |  | a.a.O., Bild 7 - Seite 131, Abb. VI-5 |  |  |  |
| |  | a.a.O., Hufbein von unten |  |  |  |
| |  | Naturhufe von Pferden verschiedener Herkunft, aus dem Heft, das im Rahmen des Strasser Grundseminars verteilt wurde |  |  |  |
| Es gibt in der Lehre von Frau Dr. Straßer einige wenige Kernbegriffe und Grundregeln, auf die alles aufbaut, die ein schlüssiges Ganzes ergeben, aber isoliert betrachtet schwer zu verstehen und damit zu akzeptieren sind.
Der mir am häufigsten begegnende Kernbegriff ist das Wort "physiologisch", und das nicht ohne Grund. Wikipedia erklärt es mit den Worten, daß der Blick im Fachgebiet » Physiologie auf die » Dynamik biologischer Vorgänge und deren » kausale Zusammenhänge gerichtet ist. Noch besser trifft die wörtliche Übersetzung, auch in Wikipedia zu finden: Physiologie (v. griech. φυση, phýse "die Natur" u. λογο, lógos "die Lehre, Vernunft"; griech.: φυσιολογια), also die "Vernunft der Natur"?
Ich finde, das trifft den Nagel auf den Kopf. In den Millionen Jahren Geschichte des Pferdes sind die Exemplare weitergekommen, bei denen diese Details gelten:
Alle gesunden Pferde sind in ihren 4 Hornkapseln eingehängt und diese haben eng tolerierte, für ALLE Pferde gleich geltende Winkel zur Bodenfläche. Grund dafür ist der genau definierte Winkel des Hufbeins: 45° vorne und 55° hinten. ALLE Pferde heißt alle, vom Shire Horse bis zum Pony!
Das gleiche gilt für den Winkel des Kronrands zur Bodenfläche und für die Höhe der Trachten, der Hornwand und der Ballen. Gleich soll hier heißen: Die Toleranz dieser Höhen entspricht nicht annähernd dem Größenverhältnis der zugehörigen Pferde: Bestenfalls +/- 15% im Gegensatz zur Bandbreite von 70cm zu 2,10m Stockmaß!
Die Natur hat die Pferdehufe freilich an die verschiedenen Böden angepaßt, aber nur im Bezug auf die Lage der Ballen zur Hornkapsel in Längsrichtung: Die Ballen liegen zwischen den hinteren Enden der Hornkapsel bei "Sumpfpferden" und hinter der Hornkapsel beim Bergzebra, dem Equiden mit den härtesten Hufen überhaupt.
Im Bild ist in der oberen Reihe ein weiteres wichtiges Detail zu sehen: Die Senke, die über dem Hufmechanismus entsteht und ihn wiederum ermöglicht, falls das Pferd auf dem richtigen Boden lebt. Wenn dem nicht der Fall ist, muß der Hufpfleger nachhelfen.
Fett oder Öl auf die Hufe ist ohne Sinn - im Gegenteil - wohl aber Wasser. Bräuchten natürliche Hufe Fette und Öle, müßten die Pferde entweder in einer Vegetation aus Ölpflanzen leben oder die Hufe Fettdrüsen haben - beides ist nicht der Fall. Im Gegenteil: In den Strahlfurchen finden sich Schweißdrüsen, die für ein leicht saures, also bakterienfeindliches Milieu sorgen.
Fehlstellungen sind nicht grundsätzlich genetisch vererbt oder angeboren, sondern hauptsächlich die Konsequenz von Ungleichgewichten zwischen Wachstum, Belastung und Abrieb, kommen also aus dem Mangel an Bewegung auf richtigem Untergrund. Hier ist aber nicht der schöne weiche Hallenboden, die dicke saftige Humusschicht auf unseren Weiden oder der Ammoniaksumpf in der Box gemeint!
Die Sehnen, z.B. die Beugesehne, haben bei richtiger Stellung immer die gleiche und für das jeweilige Pferd richtige Länge, sind nicht "einfach so" verkürzt oder zu lang. Also muß das Pferd, das im falschen Winkel steht oder eine Region am Huf entlasten will, weil etwas drückt, den Fehler durch dauernde, statische Muskelarbeit ausgleichen. Schaut euch mal die seltsam harten Muskelpakete im Bereich von Schultern und Hals mancher Pferde an...
Wäre die oben beschriebene Stellung der Wildpferde nicht die Optimale, so wäre die Evolution ad absurdum geführt: In den vielen Millionen Jahren haben sich die Equiden durchgesetzt, die die für das Davonlaufen beste Stellung und Winkelung hatten.
Natürlich hat der Mensch durch seine gezielte Zucht auch einen gewissen Einfluß: Wenn mit Pferden gezüchtet wird, die mit unterdurchschnittlichen körperlichen Anlagen in der freien Wildbahn sang- und klanglos untergegangen wären.
Da ist noch das Thema Spreizdruck: Hufe sind stark durchblutet und haben einen ausgeprägten Mechanismus, der ihnen ihren Dienst als z.B. Pumpe und Stoßdämper überhaupt ermöglicht. Dieser Mechanismus funktioniert richtig auf festen Böden, auf Weichen nur wenig, auf Stelzen, also zu hohen Trachten, falsch und mit Hufeisen GAR NICHT.
Und sodenn habe ich mich bei den meisten Verbänden endgültig in die Nesseln gesetzt.
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