Beziehungen, Dominanz, Gewalt - für mich bewegt sich diese Reihe vom weiblichen zum männlichen Pol. Zum Schluß frische Gedanken von Pia Rennollet zum Thema Gewalt:
Die Sprache des Pferdes
Die Sprache des Pferdes ist eine Körper- und Gebärdensprache. Lautäußerungen kennt das Pferd nur wenige und mit diesen geht es verhältnismäßig sparsam um.
Diese Körpersprache machen sich viele Menschen mittlerweile zunutze. Nicht immer zum Wohle des Tieres. Denn fehlt das Verständnis für jenes Lebewesen und fehlt das Einfühlungsvermögen, so kann das Wissen um die Sprache des Pferdes zu einer nicht zu unterschätzenden Waffen werden.
Allzu oft wird diese Waffe leider unter dem Schlagwort Pferdeflüsterer verkauft. Pferde werden in ausbruchssichere Raubtierkäfige eingesperrt, ohne die Möglichkeit zur Flucht. So wird das Pferd in eine für es lebensbedrohliche Situation hineinmanövriert.
Ein zweibeiniges Raubtier immer dicht auf den Fersen, es gibt kein Entkommen. Weit aufgerissene Augen, bebende Flanken, verschwitztes Fell. Am Ende das Ergeben, das Aufgeben, Hoffnungslosigkeit.
Der Wille eines zauberhaften Wesens ist gebrochen. Es hat eine Mauer um seine Seele erbaut und sich ganz tief in sich selbst zurückgezogen.
Solche Pferde sprechen nicht mehr mit Menschen; sie lassen aus innerlich weiter Entfernung ein Programm ablaufen - ein Überlebensprogramm Marke Menschenwelt. Es gibt unterschiedliche Programme - je nach Veranlagung des Pferdes: Gehorsam oder Kampf.
Es existiert beim Pferd (und auch beim Menschen) ein Flucht- und ein Intimbereich. Diese Distanzen sind je nach Individuum unterschiedlich in ihrer Größe. Als Richtlinie dient jedoch folgendes: Im Intimbereich befinde ich mich dann, wenn ich mit ausgestrecktem Arm das Pferd berühren kann. Der Fluchtbereich variiert bis hin zu mehreren Metern.
Sperre ich nun ein Pferd in einen Raum von 11 m (Picadero) oder 16 Meter Durchmesser (Round Pen), so kann sich das Pferd meinen Einwirkungen nicht mehr entziehen. Eine wirkliche Flucht seitens des Pferdes ist also nicht möglich. Und genau das ist es, was auf das Pferd als Streßfaktor einwirken kann.
Das eingezäunte Viereck, auf dem ich mit meinen Pferden arbeite, ist daher nicht ausbruchssicher.
Es liegt an meiner Arbeit, an meiner Kommunikation mit dem Pferd, ob es die Einzäunung einreißt und den nötigen Sicherheitsabstand zu mir herstellt oder ob es sich freiwillig auf unsere Kommunikation einläßt.
Natürlich kann und sollte ich mir als Pferdehalter die Sprache des Pferdes zunutze machen. So vieles wird dadurch im Umgang mit dem Pferd leichter und angenehmer. Aber ich sollte dabei auch nicht vergessen, welche gewaltige Macht ich in Händen halte. Diese Macht sollte immer und ausschließlich im Sinne des Pferdes angewandt werden.
Mit dieser inneren Haltung kann aus dem Zusammensein mit dem Pferd ein enormer Nutzen gewonnen werden. Doch dieser Nutzen hat eine andere Qualität. Er fördert die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen, ohne dabei auf Egobefriedigung ausgelegt zu sein.
Und so ganz nebenbei darf sich auch die Persönlichkeit des Pferdes in vollem Glanz entfalten. | Ich hoffe, Sie fühlen sich durch die Denkanstöße angeregt! Schreiben Sie an die Redaktion, wenn Sie Lust auf mehr haben!
Quellen
Abbildungen © Werner Stürenburg
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