Wenn sich das Rechtbewußtsein ändert, muß sich auch die Gesetzgebung und die Rechtsprechung ändern. Regierungen und Gerichte können nicht gegen ihr Volk arbeiten, jedenfalls nicht auf Dauer, wie die Entwicklungen im Ostblock wieder einmal jedermann deutlich vor Augen geführt haben.
Die VG Bild Kunst, die Musikindustrie und die Softwareindustrie kämpfen deshalb vermutlich auf verlorenem Posten. Der Versuch der Musikindustrie, ihre Produkte über das Internet abzusetzen, kann immerhin schon jetzt als gescheitert angesehen werden.
Denn man hat Milliarden in die Entwicklung geeigneter Internetanwendungen gesteckt und nur Millionen erlöst - kaufmännisch gesehen eine blanke Katastrophe. Überdies haben die Formen der Musikdownloads sich einfach so gewandelt, daß dem juristisch nicht mehr beizukommen ist.
In einem Spiegel-Interview hat denn auch der Chef von Sony den Schachzug von Bertelsmann, Napster zu kaufen, als völlig unsinnig abqualifiziert, und die Einladung von Bertelsmann, sich an diesem Unternehmen zu beteiligen, rundweg abgelehnt.
Die herkömmlichen Wirtschaftsstrukturen sind also in die Diskussion geraten, die technischen Möglichkeiten haben neuen Gedanken Raum gegeben, neue Phänomene zum Vorschein gebracht, in diesem Fall eine kollektive Kreativität, die nicht (zumindest nicht in erster Linie) an wirtschaftlicher Verwertung interessiert ist.
Das gesamte System des geistigen Eigentums, das nicht nur das Urheberrecht betrifft, sondern auch das Patentwesen, ist in die Diskussion geraten. Die Entwicklung von Software zeigt, daß Patente insbesondere hier aber auch anderswo niemals die Entwicklung fördern, sondern sie vielmehr behindern, zum Schaden der ganzen Gesellschaft.
Zunehmend klagen Privatleute, Wirtschaft, Verwaltung und Industrie über Schwierigkeiten, die ausschließlich durch die Verfolgung der Interessen der Hersteller zu verstehen sind. Die Bereitschaft, sich auf diese Bedingungen einzulassen, nimmt deutlich ab.
Demgegenüber ist Open Source eine echte Alternative geworden, und wenn die Finanzverwaltung Niedersachsen 15.000 Rechner auf Open Source umstellen kann, wird der Deutsche Bundestag mit seinen 5.000 Rechnern das vermutlich auch tun können, jetzt oder in ein paar Jahren, das spielt keine Rolle.
Viele Behörden, darunter das Pentagon, die » NASA, das amerikanische statistische Bundesamt (» U.S. Census Bureau) u.a. haben bereits vor Jahren Teile ihrer EDV auf Open Source umgestellt und wissen genau warum. Dabei ging es, wie man sich denken kann, noch nicht einmal um das Geld, denn das Geld des Steuerzahlers sitzt bekanntlich locker.
Wahrlich, gewaltige Änderungen vollziehen sich in der Welt, und wir sind Zeuge!
Ende dieses Monats wird hierzulande entschieden. Eine Werbeagentur hat dazu eine sehr erfolgreiche Unterschriftenaktion im Internet gestartet: » Eine Kampagne für Freie Software im Bundestag, die viel Aufsehen in der Presse erregt hat.
Es handelt sich eben nicht nur um eine wirtschaftliche Entscheidung, sondern um Politik. Eine junge Abgeordnete der Grünen hat das sehr deutlich erkannt - siehe dazu das Interview mit » Grietje Bettin im Spiegel.
Der Hauptredner der FOSDEM, » Richard Stallman, Gründer und Vorsitzender der » Free Software Foundation, ist sich der politischen Dimensionen der Bewegung seit langem bewußt. Eines seiner meist zitierten Zitate lautet: "Free like Freedom, not like free beer." So steht also das Fohlen im Mittelpunkt mehrerer Zeitströmungen.
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