Leserbrief 755 zu Ausgabe 166 03.06.02
SOS-Pferdehilfe e.V. Str. durch Zelliner Loose 4 15324 Gieshof-Zelliner Loose Tel.: 033478-372000
Sehr geehrter Herr Stürenburg,
mit Entsetzen habe ich Ihre persönliche Einleitung zum Artikel Die Masche mit dem Mitleid der neuen Ausgabe der Pferdezeitung gelesen. Ich finde ihn zum einen recht mißverständlich, da Ausschnitte des Kölner Schutzhofes und deren Vermittlungskriterien als Grundlage für die dann folgende Geschichte um den TSV "Tierhilfe Lippe" herhalten müssen, zum anderen zeigen Ihre Zeilen wenig Sachkenntnis über die Probleme in der Tiervermittlung und Finanzierung eines "gemeinnützigen Vereins". Der Beitrag selbst, betrifft offensichtlich eher einen privaten Rechtsstreit als den Tierschutz.
Weder der Kölner Schutzhof noch die Tierhilfe Lippe sind uns persönlich bekannt, kennen aber aus eigener Erfahrung ( wir führen selber einen Schutzhof mit derzeit 30 Pferden) die Probleme die sich aus Vermittlungen und Pferdeanfragen ergeben. Vorabkontrollen, persönliches Erscheinen des Interessenten sowie ein erstes Kennenlernen des Pferdes und damit auch selbstverständlich die Überprüfung der persönlichen Eignung, sollte für jeden Tierschutzverein und auch privaten Verkäufer ein MUSS sein!
Tierschutzvereine sind doch keine Versandhäuser!
Sehe ich mir die bei uns eingehenden Anfragen über unsere vermittelbaren Pferde an, kann ich guten Herzens diese Form der Vermittlung empfehlen. Da werden - natürlich im reinen Tierschutzinteresse!!! nur Pferde gesucht, die bitte reitbar, zur Zucht geeignet, möglichst gut ausgebildet, Kinderlieb, 100% verläßlich und natürlich Barhuf und keine ansteckenden Krankheiten haben. Wenn wir die Tiere dann bitte noch verschenken, künftig für die Tierarztkosten aufkommen würden, könnte man sogleich ein Pferd nehmen.
Das die Menschen, die ein Tier von uns übernehmen, ein durchbehandeltes Pferd in gutem Ernährungszustand und frei von versteckten "Mängeln" erhalten, dieses Tier erhebliche Kosten verursacht hat, scheint dann wohl nur unser Problem zu sein. Wir betreiben aktiven Tierschutz, mühen uns um stetige Finanzierung, pflegen und versorgen diese Tiere als ob es das jeweils eigene Tier ist.... damit dann ein Interessent mit dem Hänger vorfährt und sich wie auf einem Basar ein Tier aussucht und mitnimmt???? Das kann wohl kaum im Interesse des Tierschutzes sein. Kauft ein Reiter sein nächstes Sportpferd auch nach einem Foto und kurzer Beschreibung? Wohl eher nicht, da werden Ankaufsuntersuchungen, Proberitte etc. als völlig normal gesehen. Sind denn die Tiere eines Tierschutzvereins diese Mühe nicht wert? Sollen Tierschutzvereine künftig wie gewissenlose Händler agieren? Ich hoffe nicht!
Die Eigentumsvorbehalte einiger Tierschutzvereine kann ich ebenfalls gut nachvollziehen, sieht man sich den Missbrauch an den Tieren an. Schutzverträge allein reichen bei der derzeitigen Rechtssprechung keinesfalls aus, um im Notfall ein nicht artgerecht gehaltenes oder anderweitig in Schwierigkeiten steckendes Pferd wieder abzuholen.
Das Thema Rechtsstreit möchte ich hier nicht aufgreifen, dazu fehlt es allen Lesern wohl an der eigenen Anschauung und internen Informationen. Zum Thema Schutzgebühr und Spende kann ich allerdings etwas zum Nachdenken anbieten: Der Status der Gemeinnützigkeit verbietet jede Form der gewerblichen Tätigkeit. Das heißt für alle Tierschutzvereine mit diesem Status, man muss sich ausschließlich NUR aus Spenden finanzieren und kein Tier darf verkauft werden. Eine Schutzgebühr, wie der Verkaufserlös in vielen Tierheimen genannt wurde, ist leider ebenfalls eine Einnahme, die das Finanzamt einer gemeinnützigen Institution nicht zugesteht. Daher ist es durchaus üblich geworden, im Fall einer Tierübernahme einen gewissen Betrag als Spende zu entrichten. Auch das nächste Tier möchte ja wohlversorgt und medizinisch betreut werden, ohne entsprechende Finanzierung ist das aber nun einmal nicht möglich.
Lieber Herr Dr. Stürenburg, Sie sind herzlich eingeladen, sich persönlich unsere Arbeit und die Probleme eines Schutzhofes einmal vor Ort anzusehen.
Mit freundlichen Grüßen Sabine Schneider - LesnerSehr geehrte Frau Schneider - Lesner,
ich bedanke mich für Ihre Zuschrift, die hoffentlich Mißverständnisse richtigstellt. Insbesondere dürfte deutlich werden, welche Probleme sich für den verantwortungsvollen Tierschutz stellen. Ihre Einladung nehme ich gerne an, sobald es meine Zeit erlaubt.
Mit freundlichen Grüßen Werner Stürenburg
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