Angebot für Kalenderwoche 06-19
| Vertrauen - kostbares Gut, das leicht zerbricht Teil 18 | | |
Letzte Woche habe ich die Problematik von harten, unnachgiebigen Reiterhänden angesprochen, den dieswöchigen Beitrag möchte ich nun den für das Pferd unverständlichen Zügelhilfen widmen, welche je nach Art des Fehlers auch von Außenstehenden oft unbemerkt bleiben, wodurch die ‘falsche’ Reaktion des Pferdes diesem völlig zu Unrecht als Unaufmerksamkeit, Ungehorsam oder gar Widersetzlichkeit angelastet wird. Dass sich dadurch natürlich wiederum negative Spannungen und Frust auf beiden Seiten entwickeln, ist wohl klar.
Vor allem mäßig fortgeschrittene Reiter oder solche, die gerade von einer Reitweise auf eine andere wechseln sind davon oft betroffen. Ein weit verbreiteter Fehler, der vor allem bei Umsteigern auf das Westernreiten anzutreffen ist, ist das Übergreifen der äußeren Zügelhand über den Mähnenkamm des Pferdes beim Anlegen des äußeren Zügels an den Pferdehals. Eigentlich sollte das Westernpferd dem Druck dieses Zügels weichen, doch in diesem Fall reagiert es genau umgekehrt, da dabei zwar unbeabsichtigt, aber für das Pferd deutlich spürbar am Zügel gezogen wird, was reiterlich eben eine völlig konträre Bedeutung hat. Je nachdem, ob die begleitenden Gewichts- und Schenkelhilfen korrekt gegeben werden oder ob dem Reiter auch da Fehler unterlaufen, steht das verwirrte Pferd nun vor der Entscheidung, ob es in die eine oder die andere Richtung abwenden oder gar einen Seitwärtsgang einschlagen soll.
Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt es, wenn der Anfänger im Westernreiten am stellungsgebenden inneren Zügel nicht zupft, sondern in gewohnter Weise zieht, bis er mit dem Maul oder der Nase des Pferdes einen direkten Kontakt bekommt. Da beim Westernreiten die Zügel normalerweise etwas länger belassen werden, wandert die innere Hand beim Ziehen daran sehr leicht über den Mähnenkamm nach außen, wodurch dem Pferd Kopf und Hals einerseits unnatürlich verbogen werden und andererseits mit dem inneren Zügel ein unerwünschter Druck auf den Pferdehals ausgeübt wird, wodurch das Pferd in eine ähnlich prekäre Lage wie beim vorher genannten Beispiel gerät.
Natürlich kann es aber auch beim Englischreiten derartige Probleme geben, wenn etwa bei Seitwärtsgängen der äußere verwahrende, gegenhaltende Zügel zu stramm angenommen wird und dadurch den Kopf des Pferdes nach außen biegt. Ansonsten ist bei ungeübten Englischreitern wieder eine andere Unart gang und gäbe - das Riegeln. Dabei wird durch zu starken abwechselnden Zügelzug - mal links, mal rechts - das Gebiss des Zaumzeuges im Maul des Pferdes ständig hin- und hergezogen.
An sich sollte dieses Spiel mit dem Gebiss, welches die Aufmerksamkeit des Pferdes, seine Maultätigkeit und damit das Nachgeben im Genick fördern sollte, nur sehr zart erfolgen, wobei eine Hand jeweils etwas Druck aufbaut, während die andere sanft gegenhält. Erfolgt der Druck bzw. Zug am Zügel zu stark und wird gleichzeitig mit der anderen Hand nachgegeben, dann wird nur das Gebiss hin- und herbewegt, doch die beabsichtigte Wirkung bleibt völlig aus.
Da den meisten Reitern dieser Fehler aber gar nicht bewusst ist, korrigieren sie ihn auch nicht, sondern versuchen durch verstärktes Riegeln das Pferd zur Nachgiebigkeit zu zwingen, was natürlich keinen wirklichen Erfolg bringt, sondern meist nur noch heftigere Gegenwehr hervorruft. Leider kann man derart unschöne Szenen mitunter sogar auf hochkarätigen Springturnieren mitverfolgen, was dann von manchen Kommentatoren als grobe Widersetzlichkeit des Pferdes bezeichnet wird. Nur wenige getrauen sich zu sagen, dass hier der Fehler eindeutig beim Reiter liegt, manche reden beschönigend von kurzfristigen Verständigungsproblemen.
Dies wären also einige Beispiele von unverständlichen Zügelhilfen, die am Vertrauen des Pferdes in den Menschen schon gewaltig rütteln und damit die ganze Beziehung gefährden können, weshalb sich alle Reiter (natürlich auch Freizeitreiter!) bemühen sollten, eine korrekte und verständliche Handhabung der Zügelhilfen zu erlernen und im Alltag auch anzuwenden. Dies gilt natürlich auch bei Geländeritten, wo erfahrungsgemäß noch viel weniger auf solche Dinge geachtet wird.
Dass sich natürlich auch grobe und falsch gegebene Schenkelhilfen ähnlich negativ auswirken, ist eine logische Schlussfolgerung, doch wie das im Detail aussehen kann, schauen wir uns dann nächste Woche genauer an.
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