| Lob oder Strafe - welcher Weg führt im Umgang mit Pferden zum Erfolg? Teil 4 | | |
In den letzten drei Wochen habe ich mich nun ausgiebig mit dem Thema ‘Lob oder Strafe’ beschäftigt, die verschiedenen Möglichkeiten zu loben bzw. zu strafen vorgestellt und auch deren Vor- und Nachteile ein bisschen genauer beleuchtet. Für den dieswöchigen vierten und zugleich letzten Teil dieser Serie bleibt mir nur noch, die Frage zu beantworten, wann denn nun eigentlich Lob bzw. Strafe wirklich angebracht sind.
Viele von Ihnen werden vielleicht meinen, dass Lob zu jedem Zeitpunkt etwas Positives ist, und es deshalb keiner besonderen Überlegung bedarf, wann man es anwendet. Grundsätzlich stimme ich dem zwar zu, aber je nachdem welchen Zweck das Lob erfüllen soll, gilt es auch dabei einige Regeln zu beachten.
Im alltäglichen Umgang mit Ihrem Pferd sollten Sie natürlich immer möglichst freundlich sein - sofern es keine negativen Vorkommnisse gibt - und vor allem auch mit lobenden Worten nicht sparen, aber bei der reiterlichen Ausbildung bzw. beim täglichen Training sollte man mit dem Lob doch etwas differenzierter umgehen, wenn man dabei Fortschritte erzielen möchte.
Überschwängliches Lob ist nur dann angebracht, wenn das Pferd z.B.eine neue Übung verstanden und zumindest im Ansatz richtig ausgeführt hat. Maximal 3-4mal sollte das Pferd dann für diese Leistung ausgiebig gelobt werden, danach ist eine Leistungssteigerung zu erwarten. Tritt diese nicht ein, so reduziert man das Lob für die bereits zur Routine gewordene Übung, damit das Tier wieder einen Ansporn zum Lernen hat. Fast jedes Pferd möchte es schließlich seinem Reiter möglichst recht machen. Wenn man hingegen jede noch so einfache Lektion übertrieben belohnt, wird sich nur ein extrem fleißiges Tier weiterhin anstrengen, alle anderen aber werden sich auf ihren Lorbeeren ausruhen, wie dies ja auch bei den Menschen meist der Fall ist.
Das heißt nun aber nicht, dass man ein Pferd bestrafen sollte, wenn es keine Fortschritte zeigt. Keinesfalls darf man ein Pferd für eine erbrachte Leistung strafen, nur weil diese vielleicht nicht ganz den Erwartungen des Reiters entspricht. Man sollte aber Lob in wohldosierter Form verwenden, denn nur dieser Weg kann anhaltende Erfolge garantieren.
Wie heißt es so schön? Zuviel Lob verdirbt den Charakter! Dies zeigt sich leider sehr oft bei verhätschelten Freizeitpferden, die ihren Besitzern auf der Nase herumtanzen und mitunter sogar gewaltig aggressiv werden können, wenn einmal doch etwas mehr von ihnen verlangt wird. Vor allem das ständige Verfüttern von Leckerbissen als Belohnung zeigt oft diese Wirkung, bei stimmlichem Lob kann man allerdings schon etwas großzügiger sein, ohne dass großartige Unarten zu erwarten wären.
Umgekehrt sollte man aber auch bedenken, dass zuwenig Lob die Seele verkümmern lässt! Leider werden viel zu oft gute Leistungen als Selbstverständlichkeit angesehen und mit Gleichgültigkeit behandelt, was ein fleißiges Pferd nun wirklich nicht verdient hat. Bedenken Sie also, dass auch Ihr Eifer und auch Ihre Freude an der Arbeit steigt, wenn Sie von Zeit zu Zeit dafür gelobt werden, und vergönnen Sie auch Ihrem Pferd das ehrlich verdiente Lob!
Ähnliche Kriterien gelten auch bei der Strafe, denn auch hier kann jedes Zuviel oder Zuwenig dem Tier auf die eine oder andere Art Schaden zufügen. Vor allem jede unangebrachte Strafe zerstört das Vertrauen des Pferdes in den Menschen, aber auch zu häufiges oder zu strenges Strafen hat diese Wirkung. Je nach Charakter und Temperament des jeweiligen Pferdes führt dies zu überängstlichem oder aggressivem Verhalten dem Reiter gegenüber. Deshalb sollten Fehler bei der Ausführung von bekannten Lektionen oder leichte Unaufmerksamkeit auch nicht bestraft, sondern allenfalls stimmlich gerügt werden.
Ernsthafte und vor allem spontane Bestrafung verdient eigentlich nur aggressives Verhalten des Pferdes, besonders dann, wenn es aus Übermut oder schlechter Laune heraus an den Tag gelegt wird. Gibt es einen anderen deutlich erkennbaren und irgendwie verständlichen Anlass für diese Aggressionen, dann sollten diese zwar ebenfalls reflexartig bestraft werden, aber man sollte tunlichst danach trachten, diese Umstände so rasch wie möglich zu beseitigen, um dem Pferd keinen Grund für schlechtes Benehmen zu geben.
Handelt das Pferd aus einem Schmerz heraus mit Abwehr, dann sollte man dafür sehr wohl Verständnis zeigen und dem Pferd so schnell wie möglich zu helfen versuchen. Ähnliches gilt für panische Angst, die aus schlechten Erfahrungen entstanden ist, denn hier können Strafen diesen Zustand nur noch verschlimmern.
Unterlässt man eine notwendige Bestrafung allerdings aus falsch verstandener Tierliebe, so erzieht man sich damit einen kleinen oder auch etwas größeren Tyrannen, der immer und überall seinen Willen - notfalls auch mit Gewalt - durchzusetzen versucht. Dies beginnt bereits im zarten Fohlenalter, wo manche Tiere schon heftigst ihre Mutter oder den betreuenden Menschen mit Bissen und Schlägen attackieren, wenn ihnen etwas nicht passt. Solche Pferde werden - wenn man sie nicht rechtzeitig schon im Kindesalter in ihre Schranken weist - im ausgewachsenen Zustand zu gefährlichen Beißern und Schlägern, denen dann nur noch sehr schwer beizukommen ist.
Alles in allem gesehen kann ich letztendlich nur einen guten Ratschlag geben:
Bitte wählen Sie auch beim Loben und Strafen immer möglichst einen gesunden Mittelweg!
In diesem Sinne möchte ich mich für heute von Ihnen, werte Leser, verabschieden und Ihnen für die richtige Anwendung von Lob und Strafe ein feines Gespür und gutes Gelingen wünschen!
Wenn Sie diesbezüglich noch Fragen haben sollten, können Sie sich gerne per E-Mail an mich wenden! Auch Erfahrungsberichte, die Sie im Abschnitt ‘Lesermeinungen’ auch anderen Interessierten zugänglich machen wollen, sind mir jederzeit herzlich willkommen! |