Druckversion     Drucken     Vollversion
   Magazin 
    › Pferdemarkt    › Anzeigenmarkt    › Messe

 Archiv

 Pferd verkaufen

 Anzeige aufgeben

 Mediadaten

  Hilfe-FAQ  

   


 
Bericht Zu den Themen  Besamung,  Zucht · Gesamttext
Inhaltsverzeichnis Ausgabe 348.05 der Pferdezeitung vom 27.11.05
 Menü Hauptartikel 348
 Reproduktionstechnik 
 Samen  Rosse  Oberzüchter
 Gefahren
Inhaltsmenü
Inhaltsmenü
Inhaltsmenü
Inhaltsmenü
  Vollversion   Lesezeichen   Pferdefreund   Newsletter 
  Magazin


Stute und Fohlen - k�nstlich besamt oder nat�rlich gezeugt? Nachwuchs Gest�t Drainoflex � Copyright wie angegeben
Stute und Fohlen - künstlich besamt oder natürlich gezeugt? Nachwuchs Gestüt Drainoflex

    Reproduktionstechnik   
    Betrachtungen über Besamung und Verwandtes   
von Copyright wie angegeben  Gerd Hebrang
Zu den Themen Besamung, Zucht


Falls Sie es noch nicht wußten: Sex ist gefährlich. Und deshalb sollte man lieber die Finger davon lassen. Bakterien und Viren lauern überall. Kontaktaufnahme bedeutet zwangsläufig Kontamination. Natursex ist also vom Übel und aufgrund unseres heutigen Kenntnisstandes nicht mehr zu verantworten. Wir müssen die Dinge den Fachleuten überlassen.

Die haben die Problematik genau analysiert und sind zu folgendem Schluß gekommen: Sex ist im Grunde überflüssig und dient lediglich der Reproduktion. Ist ja auch klar: Wir müssen regelmäßig und gleichmäßig essen und trinken, was bereits intuitiv einleuchtet und durch einen Selbstversuch schnell überprüft werden kann. Die Ernährungsfrage wurde durch die Wissenschaft angeblich ziemlich gut verstanden. Die Konsequenzen der Ernährung (und Verdauung) müssen wir ebenfalls tragen, was aber normalerweise relativ unproblematisch ist - Zweifel sind da genausowenig angebracht.

Und außerdem müssen wir merkwürdigerweise regelmäßig schlafen - was man auch durch Selbstversuch leicht beweisen kann. Aber eines ist klar: Reproduzieren müssen wir uns definitiv nicht. Sowohl Männer als auch Frauen können gesund bleiben und ein hohes Alter erreichen, ohne jemals Vater oder Mutter geworden zu sein. Hengste und Stuten natürlich auch.

Die Aussage über die Nahrung habe ich deshalb etwas eingeschränkt, weil sowohl Menschen als auch Pferde angeblich einen ganzen Haufen flüssiger und fester Bestandteile dringend benötigen, um diese oder jene Chemikalien produzieren zu können, und andernfalls notwendig krank werden bis hin zum Tode. Wir glauben das auch unbesehen, obwohl die Wissenschaftler noch nicht erklärt haben, wieso es Koalas geben kann. Die Koalas ernähren sich nämlich ausschließlich von den Blättern des Eukalyptusbaumes. Dessen Blätter sind extrem nährstoffarm und außerdem furchtbar schwer verdaulich. Trotzdem machen die Koalas daraus alles, was sie zum Leben brauchen, zum Beispiel Fell und Samen. Das Fell brauchen sie zur Temperaturregulierung und den Samen, um Koalas zu produzieren. Das nennt man Reproduktion.

Das mit dem Samen ist irreführend. Eigentlich ist es nämlich gar kein Samen. Dem liegt ein Mißverständnis zugrunde. Und dieses Mißverständnis findet sich schon in der Bibel, ist aber möglicherweise viel älter:

Der Begriff Spermium sollte nicht mit dem Begriff Samen verwechselt werden, mit dem ein (oft in Fruchtfleisch eingebettetes) Verbreitungsorgan der höheren Pflanzen gemeint ist, das aus einem ruhenden pflanzlichen Embryo besteht, der von Nährgewebe und einer Samenschale umgeben ist.

Die falsche Verwendung des Begriffes Same oder Samen für die Spermien leitet sich aus der Bibel ab. Das hebräische Wort für Same wird dort unterschiedslos für Pflanzen, Tiere und den Menschen gebraucht. So empfängt einerseits die Frau den männlichen Samen (Num 5, 28) oder erweckt ihn beim erotischen Spiel (Gen 19, 32 und 34), andererseits wird das Land mit den Samen der Feldfrüchte besät (Dtn 29, 22; Ez 36, 9).

Aus dem alten Ägypten stammt die falsche Vorstellung, dass der männliche Same bereits der Mensch in nuce sei, der im Mutterleib quasi wie in einer Nährlösung nur noch heranzureifen braucht. Schließlich steht der Begriff Same auch für die Nachkommenschaft selbst. Wenn die Bibel vom Samen Abrahams spricht, dann sind damit die aus Abraham hervorgegangenen Nachkommen gemeint (Jes 41, 8; Jer 33, 26). All diese Bedeutungen sind hier nicht gemeint. Die Begriffe Samen oder Samenzelle etc. sollten daher nicht mehr für die Spermien oder das Sperma verwendet werden. Neuere Schulbücher sprechen daher auch nicht mehr vom Samenleiter, sondern ausdrücklich vom Spermienleiter.
» Spermium

Das hat sich in der Wissenschaft aber noch nicht herumgesprochen. Deshalb wird dort nach Belieben von Samen oder Spermien gesprochen. Die Hantierung mit dieser Substanz wird hartnäckig "Besamung" genannt, die Personen, die staatlicherseits dazu berechtigt sind, heißen "Besamungstechniker". Die Wortbildung "Spermierung" oder "Spermientechniker" ist nicht bekannt. Noch nicht einmal die englische Sprache, die ja allerorten Vorreiter spielt, differenziert hier. Man spricht ganz unbefangen von "semen", "insemination" usw.




Samen


  Home     Anfang     Menü     Drucken     Empfehlen     als Startseite



Wir schließen uns also dem allgemeinen Sprachgebrauch an und verzichten auf die notwendige Spezifizierung. Demnach bedeuten Samen und Spermium oder Spermien einfach dasselbe - was sollen wir uns lange mit Wortklaubereien aufhalten? Google wirft auf das Stichwort "Besamungstechniker" 541 Fundstellen aus. Die Fachleute sind also unter uns - und zwar schon lange (» Bundesverband der Tierzucht- und Besamungstechniker e.V., » Informationen über den Beruf: Besamungstechniker/in).

An und für sich sind die Substanzen, um die sich die Techniker kümmern, reichlich vorhanden und deshalb ziemlich wertlos. Die männlichen Individuen produzieren diese kontinuierlich und in großen Mengen und entledigen sich des Überflusses in regelmäßigen Abständen mit oder ohne ihr eigenes Zutun. Leider ist die Produktion dieses Stoffes mit Nebenwirkungen behaftet, die es in den meisten Fällen angeraten sein lassen, die Erzeugung als solche überhaupt zu unterbinden.

Bekanntlich ist das kein großer Akt. Der Eingriff kann jederzeit und sogar im Stehen vorgenommen werden, bei örtlicher Betäubung. Anschließend geht es den Individuen wesentlich besser. Sie werden nie wieder durch die störenden Nebenwirkungen belästigt und können das Leben nun gleichmütig genießen. Damit wäre ein weiterer Beweis dafür erbracht, daß die Reproduktionsfähigkeit in keiner Weise mit der Fähigkeit, ein ausgefülltes Leben zu führen, korreliert ist.

Mit diesem Eingriff wechselt das Geschlecht des Pferdes in ein - wie soll ich sagen? - Ungeschlecht: aus dem Hengst ist ein Wallach geworden. Das ist Ihnen nicht neu, denn das weiß ja schließlich jedes Kind. Merkwürdig nur, daß sich dieser hilfreiche Brauch bei den Menschen verloren hat. Ich vermute mal, daß ein Philosoph oder Politiker zu dem Schluß gekommen ist, daß der Vorgang nicht mit der Menschenwürde zu vereinbaren sei. Mit der Pferdewürde aber wohl schon.

Die ganze Aufregung um den Samen oder die Spermien erklärt sich dadurch, daß es bisher noch nicht gelungen ist, eine ungeschlechtliche Vermehrung zu realisieren - jedenfalls nicht bei Menschen, Pferden, Hunden usw. Im Prinzip ist das gar kein Problem. Sowohl im Tier- als auch Pflanzenreich gibt es die geschlechtliche, die ungeschlechtliche, die eingeschlechtliche und die gemischte Vermehrung - bei manchen Organismen wechselt geschlechtliche und ungeschlechtliche Vermehrung regelmäßig ab, bei manchen ist sowohl das eine als auch das andere möglich, je nach den äußeren Umständen, zum Beispiel der Frage, ob ein andersgeschlechtliches Individuum gerade verfügbar ist, und manche Arten können sowohl das eine als auch das andere Geschlecht annehmen, je nach Bedarfslage (» Fortpflanzung, » Autogamie, » Zwitter, » Stummelfüßer). Nichts ist unmöglich.

Der Hauptvorteil der ungeschlechtlichen gegenüber der geschlechtlichen Vermehrung besteht darin, dass ein einziges Exemplar einer Art eine ganz neue Population aufbauen und so den Erhalt der Art ohne Geschlechtspartner sichern kann. Außerdem benötigt die ungeschlechtliche Vermehrung weniger Zeit, da die Suche nach Sexualpartnern entfällt.

Der Nachteil der ungeschlechtlichen Vermehrung gegenüber der geschlechtlichen Fortpflanzung besteht im mangelnden Austausch von Erbmaterial zwischen den hier ja nicht vorhandenen Elternteilen. Einige Einzeller haben dieses Problem anderweitig gelöst (Gentransfer).

Die ersten entstandenen Lebewesen vermehrten sich ungeschlechtlich. Erst im späten Proterozoikum (vor etwa 700-800 Millionen Jahren) trat geschlechtliche Fortpflanzung auf. Mit dieser Entwicklung ging das Entstehen vieler neuer Lebensformen einher. Man vermutet daher, dass die Vielfalt des Lebens auf der Erde erst durch die 'Erfindung' der geschlechtlichen Fortpflanzung möglich wurde.
» Ungeschlechtliche Vermehrung

Wenn nun sämtliche Individuen einer Art auf Reproduktion verzichten würden, wäre das der Tod der Art - logisch. Zur Erhaltung der Art ist Reproduktion also nötig, und dafür braucht man beide Geschlechter. Mit dem Individuum hat das nichts zu tun. Der Einzelne ist unerheblich, wer die Reproduktionstätigkeit auf sich nimmt, spielt keine Rolle. Bei diesem Sachverhalt setzt Zucht an. Gezielt werden Hengste und Stuten von der Zucht ausgeschlossen. Was bedeutet das?



Rosse


  Home     Anfang     Menü     Drucken     Empfehlen     als Startseite



Die Last, ein männliches Individuum zu sein, haben wir schon beleuchtet; weibliche Individuen leiden ebenfalls unter der Geschlechtlichkeit bzw. unter der nicht artgerecht gelebten Geschlechtlichkeit. Das kann man in vielen Fällen nicht beobachten und mag deshalb unterstellen, daß dieses Phänomen überhaupt nicht existiert. Wer aber seine Stute "zickig" schimpft, beleidigt sie im Grunde für ihren Ausdruck sexueller Frustration. Denn die Stute verlangt nach dem Hengst.

An anderer Stelle habe ich anschaulich beschrieben, wie sich das unmißverständlich äußert ( Stuten und Sex). Voraussetzung ist natürlich, daß eine solche Frustration überhaupt erst einmal eintritt. Die Bedingungen dafür sind leicht herzustellen. Man isoliere seine Stuten und öffne die Augen. Die erste Bedingung ist fast überall erfüllt, die zweite vermutlich weniger. Im richtigen Alter werden diese Stuten in die sogenannte "Rosse" kommen oder "rossig" werden, womit unsere Sprache ganz klar zum Ausdruck bringt, daß es sie nach dem Roß verlangt. Womit in diesem Fall, trotz des neutralen Artikels dieses Wortes, ganz eindeutig das männliche Exemplar der Art gemeint ist.

Diese offenkundige Not der Stute zu lindern ist nicht einfach. Wer einmal die entsprechende Not einer Katze mitgelitten hat, weiß, daß diese Qualen dem Menschen das Leben schwermachen können. Er wird sich früher oder später dazu entschließen (müssen), der Katze zu helfen. Wenn man ihr keinen Kater gönnen kann oder will, entfernt man dem Tier die entsprechenden Organe, die diese unangenehmen Nebenwirkungen verursachen. Endlich kann die Katze in Frieden ihr Leben genießen. Leider habe ich bis heute noch nicht davon gehört, daß man den Stuten einen entsprechenden Liebesdienst angedeihen lassen könnte. Man behilft sich damit, daß der Zustand vorübergeht. Allerdings kehrt er in regelmäßigen Abständen zurück.

Unter artgerechten Umständen würde sich natürlich sofort ein Hengst um die Nöte der Stute kümmern und beide wären ebenfalls zufrieden. Mehr noch, die angedeuteten Spannungszustände beider Geschlechter würden in dieser Form erst gar nicht auftreten. Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht. Denn bei Menschen und Pferden werden etwa gleich viele Individuen beider Geschlechter geboren. Pferde bilden "Harems", d. h. ein Hengst kümmert sich um mehrere Stuten, woraus notwendigerweise folgt, daß entsprechend viele Hengste die aus der Mangelsituation resultierende Not leiden müssen. Damit hat der besitzende Hengst ein Problem: Er muß sich der Junggesellen erwehren, die durch den erlittenen Leidensdruck dazu getrieben werden, die Besitzstellung anzugreifen. Eine Lebensbedingung, die weder für den Pascha noch für die Besitzlosen erfreulich ist und einem geruhsamen Leben der männlichen Tiere im Wege steht.

In menschlichen Gesellschaften hat es sich weitgehend eingebürgert, durch die künstliche Beschränkung der gesellschaftlich gestatteten Verbindungen (» Monogamie) einen weitgehenden Ausgleich zu erzielen. » Harems mit den dazugehörigen frustrierten Junggesellen gibt es zwar in durchaus nicht wenigen Gesellschaften, die anscheinend die revolutionären Energien der frauenlosen Restgesellschaft gut unter Kontrolle haben. Monogamie scheint also weniger ein konstituierendes Merkmal menschlichen Sozialverhaltens zu sein als vielmehr gesellschaftliche Konvention.

Systemtheoretiker vermuten jedoch, daß durch die Ächtung der Polygamie die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft erst ermöglicht wurde. Wenn auch der Minderbemittelte ein Anrecht und eine Möglichkeit zur Gewinnung eines Partners bekommt, wird dadurch Spannungspotential innerhalb der Gesellschaft abgebaut, das anderen, konstruktiven Zwecken zugeführt werden kann. Bei Pferden, die in der Obhut des Menschen leben, kümmert sich dieser um die Regulierung. Die meisten männlichen Tiere werden wie beschrieben behandelt, womit dieses Problem erledigt wäre, die weiblichen ihrer Not überlassen, sofern sie nicht zuchttauglich sind.

Damit habe ich einen Schlüsselbegriff genannt: Zucht.

Unter Tierzucht versteht man die züchterische Bearbeitung von Tierrassen: Durch gezielte Selektion und Anpaarung von Tieren wird ein Zuchtfortschritt erreicht. Hierbei orientiert man sich an den jeweiligen Zuchtzielen.

Durch Auslese (Zuchtwahl) der sich vermehrenden Tiere wird für eine Verstärkung gewünschter Eigenschaften gesorgt - mehr Milch bei Kühen, mehr Eier bei Hühnern, höhere Geschwindigkeit und Belastbarkeit von Pferden, geändertes Aussehen von Hunden oder Katzen usw.

Dies geschieht üblicherweise durch gezielte Anpaarung von Tieren, die eine starke Ausprägung gewünschter Eigenschaften aufweisen. Hierdurch wird allerdings der genetische Pool, das heißt die Summe der unterschiedlichen Eigenschaften der Population kleiner, wodurch mit Inzuchtdepressionen zu rechnen ist. Diese kann sich unter anderem durch eine kleinere Streuung der Eigenschaften äußern, wodurch die Schärfe der Zucht beschränkt wird. In der Praxis wurden aber Hühnerlinien in der Vergangenheit stark züchterisch bearbeitet, ohne dass sich dieser Effekt beobachten ließ. Daher ist die Auswirkung der Inzuchtdepression ein wenig umstritten.

In heutiger Zeit wird bei der industriellen Tierzucht künstliche Befruchtung immer wichtiger, da dadurch die besten Eigenschaften weltweit eingekauft werden können. Die Gentechnologie spielt momentan eine Rolle bei der Diagnose von Krankheiten, der Feststellung der Herkunft usw. und wird wohl noch wichtiger werden, mit allen damit verbundenen Chancen, Risiken und ethischen Diskussionen.
» Tierzucht

Also: Solange der Mensch nicht eingreift ("gezielte Selektion und Anpaarung"), handelt es sich um Vermehrung oder Reproduktion, während durch zieltgerichtete Auswahl gezüchtet wird. Logisch, es geht um die Optimierung, und die kann und muß gesteuert werden. Und zwar überall und mit großem Erfolg, bloß nicht bei uns Menschen. Das ist aber merkwürdig, nicht wahr? Was für Tiere und Pflanzen gilt, trifft doch zweifellos in gleichem Maße auf den Menschen zu. Während man sich das Recht anmaßt, die Tiere zu bevormunden, gesteht man umgekehrt jedem Menschen das Recht zu, sich wahllos zu vermehren, und zwar sogar dann, wenn andere Rechte verwehrt bleiben, zum Beispiel des Wahlrecht.



Oberzüchter


  Home     Anfang     Menü     Drucken     Empfehlen     als Startseite



Natürlich greife ich hier wieder voll in einige der bei diesem Thema überall herumstehenden Fettnäpfchen, da ja bekanntlich die Nazis genau diese Konsequenzen gezogen hatten. Aber es waren natürlich nicht die Nazis, die als erste diese Ideen entwickelt haben. Die Übermensch-Phantasien Nietzsches sind ebenfalls nicht ohne Vorgänger. Man muß ja auch nicht besonders raffiniert oder intelligent sein, um solche Überlegungen anzustellen. Manche Biologen meinen sogar, daß die Natur selbst als Oberzüchter auftritt, nämlich durch die natürliche Selektion. Was ja einleuchtet, denn die Natur ist einfach so unglaublich (mit jedem neuen Naturfilm staunt man größere Bauklötze über die Kreativität des großen Schöpfers), daß angesichts solcher Kreativität die begnadetsten Züchter einfach nur wie behinderte Stümper wirken.

Aber nicht nur die allgemeine Artenvielfalt, sondern die "Zuchtpolitik" der Natur dient der Optimierung. Die Rangkämpfe der Hengste und die Auswahl der Stuten können in diesem Sinne als Zuchtprogramm verstanden werden. Es sind nämlich meistens die Stuten oder ganz allgemein die weiblichen Tiere, die wählen - die männlichen bieten sich zur Auswahl an:

Untersuchungen bei freilebenden und im Sozialverband auf der Koppel gehaltenen Pferden ergaben, daß der ständige, über das ganze Jahr erfolgende Kontakt zwischen Hengst und Stuten positiv mit der Libido korreliert (MC DONNELL 2000b). Im frühen Östrus gehen fast alle Interaktionen zwischen Hengst und Stute von der Stute aus, und erst gegen Ende des Östrus nimmt die Kontaktaufnahme seitens des Hengstes zu.

Hierbei wird dem Kopf-zu-Kopf- Kontakt, Ausweich- und Abwehrbewegungen, Ausschlagen oder den wiegenden Bewegungen der Stute ein nicht geringer Einfluß auf die Geschlechtslust des Hengstes zugeschrieben. 88 % der Kontakte zwischen Hengst und Stute, die zu einer erfolgreichen Bedeckung führen, gehen von der Stute aus (MC DONNELL 2000b)
 » Fertilitätsrelevante spermatologische Parameter bei Hengsten unter Berücksichtigung der sexuellen Inanspruchnahme und saisonaler Aspekte, Seite 12/13

Auch bei den Menschen soll angeblich die Initiative so gut wie immer von den weiblichen Exemplaren der Gattung ausgehen. Selbst wenn man annimmt, daß die Großen und Mächtigen dieser Welt ihren Samen weit verbreitet haben, weil sie mächtig waren, widerspricht das nicht automatisch der These, daß die Initiative von den Frauen ausgeht, denn diese fühlen sich bekanntermaßen durch Größe und Macht ungemein angezogen, was im Sinne der Evolutionstheorie absolut folgerichtig ist. Ein Oberbonze ist eben die beste Garantie für das Überleben des Nachwuchses. Und die Tatsache, daß ein Mann es an die Spitze geschafft hat, beweist nachgerade dessen Überlegenheit. Aber die freie Auswahl und Interaktion der beteiligten Geschlechtspartner soll bei der Pferdezucht ja durch die Einwirkung des Menschen beschränkt werden:

In den heutigen Hengsthaltungen ist ein Kontakt zu Stuten nicht erwünscht, da im Zuge einer rasch wechselnden Stutenzahl während der Decksaison die Zuchthygiene nicht eingehalten werden könnte. Ferner ist durch die Etablierung der künstlichen Besamung die räumliche Trennung von Hengst und Stute möglich geworden, so daß die sexuelle Beeinflussung der Hengste durch anwesende Stuten weitestgehend unterbunden wird. Lediglich bei der Samenentnahme ist eine rossende Stute anwesend, jede Art der Interaktion wird aber weitestgehend durch die Hengstführer und durch die Isolation der Stute im Zwangsstand oder durch Ausbinden unterbunden.
a.a.O. , Seite 13

Zuchthygiene, was ist das denn? Rasch wechselnde Stutenzahl, das klingt doch schwer nach Promiskuität und den damit verbundenen Gefahren: Geschlechtskrankheiten! Die Einführung der künstlichen Besamung klingt etwas merkwürdig. Die räumliche Trennung von Hengst und Stute ist möglich geworden - das ist klar. Dann wird behauptet, daß die sexuelle Beeinflussung der Hengste durch anwesende Stuten unterbunden wird - und im nächsten Satz wird dann festgestellt, daß bei der "Samenentnahme" eine rossende Stute anwesend sei. Was denn nun? Und überhaupt: Wenn der Bauer seine Stute zum Hengst bringt, war sie vorher auch getrennt und wird nur kurzzeitig mit ihm zusammengebracht. Einen großen Unterschied kann ich da nicht feststellen. Bis auf die Interaktion. Und die birgt ja nun zweifellos Gefahren, weshalb man sie besser ganz unterbindet.



Gefahren


  Home     Anfang     Menü     Drucken     Empfehlen     als Startseite



Krankheitserreger, die venerisch übertragen werden können und heute in Europa eine Rolle spielen, sind sowohl bakterieller als auch viraler Herkunft. Die durch das Protozoon Trypanosoma equiperdum hervorgerufene Beschälseuche kommt in unseren Breiten praktisch nicht mehr vor. Hengstsamen beinhaltet eine Vielzahl an verschiedenen Bakterienarten, welche durch den Kontakt zur Penisoberfläche von dieser in das Ejakulat gelangen (CLEMENT et al. 1995 b). Bedeutsame Bakterien, welche beim Hengst nachweisbar sind und bei der Stute zu Genitalaffektionen führen können, sind Taylorella equigenitalis, Streptokokken, Staphylokokken, Pseudomonaden, Proteus, Pasteurellen, Klebsiellen, E. coli, Corynebakterien und Bazillus-Subspezies. Diese Keime bilden beim Hengst lediglich eine periphere (äußere) und meist eine temporäre (vorübergehende) Genitalbesiedlung, welche beim Deckakt aufgenommen werden. Der Nachweis der Bakterienflora geschieht über Abstriche am Penisschaft, aus der Eichelgrube und der Harnröhre, kann aber auch aus den Genitalsekreten Smegma, Vorsekret und Samen erfolgen (KLUG et al. 1998). Für das Zuchtgeschehen bedenkliche Viren, die venerisch übertragen werden, sind das equine Herpesvirus III und das Virus der equinen Virusarteriitis (EVA). Die Übertragung des EHV-I und IV verläuft in der Regel aerogen. Die Übertragung über den Samen ist zwar möglich, jedoch hoch unwahrscheinlich (MAYR 1975). Der Virustyp III wird klassisch beim Deckakt übertragen und wird daher bei der nahezu flächendeckenden instrumentellen Samenübertragung kaum noch beobachtet.

Anders dagegen das Arteriitisvirus, welches beim Hengst die akzessorischen Geschlechtsdrüsen besiedelt und mit dem Samen ausgeschieden werden kann. Die Viruspersistenz ist von Hengst zu Hengst unterschiedlich, so daß es eine Unterscheidung zwischen Nicht-, Kurzzeitund Dauerausscheidern gibt. Der Nachweis EAV-positiver Hengste geschieht über eine Antikörperbestimmung im Serum oder mittels direkter Virusanzüchtung aus dem Sperma (KLUG u. SIEME 1999). Zuchthygienisch sollten ausschließlich Hengste als Samenspender fungieren, deren Genitalsekret kulturell unbedenklich ist. Ferner sollten alle möglichen Kontaminationsquellen des Samens nach der Entnahme so gering wie möglich gehalten werden. Durch Verwendung von antibiotikahaltigen Verdünnermedien und einer kontinuierlichen Kühlung kann das mikrobielle Wachstum im Ejakulat reduziert werden (CLEMENT et al. 1995 b). Ferner verbietet es sich, Hengste sowohl im Natursprung als auch in der Besamung zu verwenden, da eine über den Natursprung aus dem weiblichen Genitale erfolgende mikrobielle Kontamination des Hengstes in der Folge auch die für die Besamung genutzten Samenportionen verunreinigen würde (KLUG et al. 1998).
a.a.O., Seite 16/17

Nun wissen wir Bescheid. Ich hatte eingangs schon gewarnt. Lassen Sie die Finger davon - die Gefahren sind einfach zu groß. Und warum auch? Es geht ja schließlich nur um die Reproduktion, nicht um die wahllose oder die durch die Natur induzierte, sondern um die durch Zuchtwahl gesteuerte, und die ist Sache der Züchter und Reproduktionstechniker, nicht die der beteiligten Individuen. Die Stute wird nur gebraucht, um den Hengst anzuregen. Damit man dessen Samen "entnehmen" kann. Etwa so, wie ich mein gutes Geld dem Sparkassenautomaten entnehme? Knopfdruck, Rabatz, Klimbim, entnehmen und verwahren. Aber wie ganz konkret?

Diese Frage war mir nie besonders dringlich, und ich hätte auch gut und gerne mein Leben vollenden können, ohne daß sie beantwortet worden wäre. Aber vor ein paar Wochen war ich zusammen mit Kollegen zum 5. Tag des Journalisten eingeladen. Sabine Börner vom » Gestüt Drainoflex Fink Handels GmbH hatte ein Referat zum Thema "Besamungswesen, Ausbildung und Zukunft? ... Was Sie schon immer über Besamung wissen wollten ..." vorbereiten lassen. Ich war mäßig gespannt. Und anschließend reichlich verspannt. Das Thema ging mir etwas an die Nieren. Ich hatte keine Ahnung, ob und wie ich diese Erfahrung verarbeiten würde. Und als ich mich entschlossen hatte, darüber einen Artikel zu schreiben, gedachte ich ziemlich voreilig, in einer Ausgabe damit fertig zu sein.

Das war ein Irrtum, denn jetzt bin ich noch gar nicht zum Kernthema vorgestoßen. Meine Betroffenheit drängte sich in den Vordergrund. Ich hatte noch etwas recherchiert und war auf die Dissertation gestoßen, aus der ich zitiert habe. Dadurch wurden weitere Einzelheiten angesprochen, Fragen beantwortet und neue gestellt. Das Thema deutet auch an, daß damit ein Berufsbild beschrieben wird. Mit anderen Worten: Es werden einfach zu viele Fragen aufgeworfen, als daß ich diese in einer Ausgabe angemessen behandeln könnte. So muß ich Sie auf die nächste Ausgabe vertrösten. Dann verrate ich, wie es gemacht wird. Na ja, das ist vielleicht ein bißchen zu dick aufgetragen, ich sollte lieber sagen: soweit ich das habe in Erfahrung bringen können. Aber das ist vielleicht auch nicht so wichtig. Die Frage ist eher: Wie gehen wir mit der ganzen Problematik um? Ich hoffe, ich habe schon etwas von meiner Betroffenheit vermitteln können.




Quellen / Verweise


  1. » Spermium
  2. » Bundesverband der Tierzucht- und Besamungstechniker e.V.
  3. » Informationen über den Beruf: Besamungstechniker/in
  4. » Fortpflanzung
  5. » Autogamie
  6. » Zwitter
  7. » Stummelfüßer
  8. » Ungeschlechtliche Vermehrung
  9.  Stuten und Sex
  10. » Monogamie
  11. » Harem
  12. » Tierzucht
  13.  » Fertilitätsrelevante spermatologische Parameter bei Hengsten unter Berücksichtigung der sexuellen Inanspruchnahme und saisonaler Aspekte, Arndt- Friedrich Echte, Inaugural � Dissertation
  14. » Gestüt Drainoflex Fink Handels GmbH



Fotos

© Copyright wie angegeben  Gerd Hebrang




AddThis Social Bookmark Button
Bericht Zu den Themen  Besamung,  Zucht · Gesamttext
Inhaltsverzeichnis Ausgabe 348.05 der Pferdezeitung vom 27.11.05
 Menü Hauptartikel 348
 Reproduktionstechnik 
 Samen  Rosse  Oberzüchter
 Gefahren
Inhaltsmenü
Inhaltsmenü
Inhaltsmenü
Inhaltsmenü
  Vollversion   Lesezeichen   Pferdefreund   Newsletter 
  Magazin


  Home     Anfang     Menü     Drucken     Empfehlen     als Startseite


 Anfang  Autorenhinweise  Mediadaten  Kontakt   ›Impressum  Konditionen     Leserbrief
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe / E-Mails zu veröffentlichen. (Bitte teilen Sie uns mit, wenn Sie mit einer Veröffentlichung nicht einverstanden sind)

http://xmesse.de

 
» Workshop OOP
 
 
 

http://www.maxthon.com

 
» Maxthon
 
Die Adresse dieser Seite: www2.pferdezeitung.com/Hauptartikel/348/Gesamttext
Es ist jetzt der 10.01.2009, 02:15, GMT +01:00
Konsequent in alter Rechtschreibung - ausgenommen Fremdautoren.
Der Herausgeber ist nicht verantwortlich für Leserbeiträge und die Inhalte externer Internetseiten.
Tip: Deutsch/Englisch-Übersetzung: » dict.cc


Mähler

 

  Malerei und Zeichnung

 
 
 

Hufklinik

 

  Institut für Hufgesundheit und ganzheitliche Pferdebehandlung IfH

 
Zum  Pferd:  Pferde-Messe ·  Pferdemarkt ·  Pferdekauf ·  Pferdeverkauf
Verantw. im Sinne des Pressegesetzes: Dr. Gerd Hebrang
©1999-2005 · ISSN 1437-4528 · Statistik:  Übersicht
0049(0)5744-5115-74   0049(0)5744-5115-75   0049(0)151-2327 3955
ISIS GmbH & Pferdeverlag · Hauptstr. 13 · 32609 Hüllhorst
Germany · HRB 2627 AG Bad Oeynhausen · USt-Id DE811992532


  Aus Ausgabe 510 unseres Wochenmagazins: Angebot der Woche 09-02
z.B.   Hufklinik/09-02: Hufprobleme Hufbeinsenkung, Hufbeinrotation, Hufbeinseparation ...hat verschiedene mögliche Ursachen. Man versteht darunter eine Richtungsänderung ...

  Hufklinik · Strasser World Wide Hoofcare - Pferdehufe ganzheitlich behandeln
z.B.   Angebot der Woche 07-48: Seminare für Pferdehalter Für Pferdehalter, Pferdefreunde, Tierärzte, Hufschmiede, Hufpfleger und Pferdefachleute! Was Sie ...