Leserbrief › 994 zu Ausgabe › 225 24.07.03
Re: Westernreiten aber richtig
Sehr geehrter Herr Stürenberg,
Sie hätten die Möglichkeit nicht nur gehabt, sondern haben die Möglichkeit immer noch, den Text auf Ihrer Homepage zu ändern. Und auf Nachfrage werden auch Kopien von Artikeln versendet....
In die Stimmdiskussion möchte ich nicht eingreifen. Nur soviel: Ich habe viel Kontakt zu Pferden und deren Menschen im therapeutischen Bereich. Dort sehe ich immer wieder, das Pferde auch ohne konkrete Stimmhilfe sehr gut ihren Job machen, z. B. bei Spastikern, die unkontrollierte, teilweise sehr schrille Geräusche machen, die ein Pferd eher erschrecken könnten. Auch kenne ich einen taubstummen Reiter, der fabelhaft mit den ihm anvertrauten Pferden zurechtkommt.
Persönlich schließe ich mich der Meinung von Neindorffs in dem von Ihnen erwähnten Artikel an.
Schade finde ich auch, das Sie nicht erwähnt haben, das der Einsatz von Stimmhilfen beim Turnier (gerade im Westernsport) zu Punktabzug führt.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele CharlesSehr geehrte Frau Charles, selbstverständlich habe ich die Möglichkeit, den Text zu ändern - die Pferdezeitung ist eine Online-Publikation, da kann man jederzeit alles ändern. Die Frage ist nur, ob das richtig ist. Ich habe mich im Ton vergriffen, das ist peinlich. Soll ich nun dazu stehen oder so tun, als hätte ich das nicht getan? Immerhin habe ich Ihren Leserbrief und meine Erwiderung darauf im Zusammenhang mit dem Artikel veröffentlicht. Wenn ich nun meinen Faux Pas "retuschieren" würde, müßte ich auch den Leserbrief zurückziehen. Es erscheint mir daher redlicher, mich zum Vorfall zu bekennen. Ob die Cavallo mir die Kopie Ihres Artikels zur Verfügung stellen würde, weiß ich nicht, es tut auch nichts zur Sache. Es geht gar nicht um diesen Artikel. Der war mir nur bei der Recherche über den Weg gelaufen, als ich mich für George Maschalani interessierte. Der bekannte Trainer Mike Geitner hat auf einer seiner Seiten auf diesen Artikel Bezug genommen, und auf diese Seite habe ich mich berufen - nicht mehr und nicht weniger. Daß die Kommunikation mit Pferden auch ohne Stimme möglich ist, habe ich niemals bezweifelt. Diese Aussage hat logisch mit der anderen nichts zu tun. Ich habe früher bereits einen Artikel über das therapeutische Reiten veröffentlicht, in dem es unter anderem um die besonderen Beziehungen zwischen Pferden und behinderten Menschen ging; ich hatte die Therapiestunde eines spastischen Kindes miterlebt. Daß der Einsatz von Stimmhilfen beim Turnier zum Punktabzug führt, wußte ich nicht. Das finde ich erstaunlich, geradezu unglaublich! Natürlich: Regeln sind willkürlich, und wem es gefällt... Sie scheinen ja sehr viel über diese Dinge zu wissen; ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Ihr Wissen der Leserschaft zur Verfügung stellen würden, indem Sie einen Artikel schreiben. Mit Sicherheit können wir alle etwas lernen... Wenn Stimmhilfen im Turnier verboten sind, wundert es mich natürlich, daß George Maschalani sein Pferd mit Hilfe der Stimme konditioniert. Das kann doch dann im Turnier nicht funktionieren, oder? Übrigens ging es in dem Artikel um Beobachtungen, die offenbar nicht nur ich bei Turnieren gemacht habe und die ein sehr schlechtes Licht auf manche Teilnehmer werfen. Die Ausführungen von George Maschalani in seinem Buch hingegen scheinen mir einwandfrei zu sein, und genau das versuchte ich herauszuarbeiten. Ein Gedanke ist dabei leider etwas untergegangen. Die Geduldsmethode, die von allen Dompteuren angewandt wird, ist sehr teuer, weil sehr zeitintensiv. Selbst wenn George Maschalani sich diesen Zeiteinsatz persönlich leisten könnte, dürften die meisten Leute, die ihre Pferde zu ihm ins Training geben, Wert darauf legen, daß in kürzester Zeit Erfolge zu beobachten sind, damit das Training bezahlbar bleibt. Gegen diesen Zwang zum schnellen Erfolg kann man natürlich argumentieren; Ungeduld wird im Endeffekt nicht so viel bringen, das Pferd wird schnell verschleißen, letzten Endes wird die Ausbildung also nicht nur teurer sein, sondern vielmehr das Ziel überhaupt nicht erreichen. Der Leserbrief von Frau Kaiser ist in dieser Hinsicht signifikant: das betreffende Pferd war bei Maschalani in der Ausbildung, wurde dann woanders gearbeitet, ohne die betreffenden Erfolge zu erzielen, und dann hat Maschalani den Durchbruch erbracht. Ist das nun einfach nur das Können eines großen Meisters oder wird hier kurzfristig nachgeholfen? Die anderen Leserbriefe lassen durchaus bezweifeln, daß Maschalani gegen Anfechtungen immun ist. Genau das wollte ich mit meinem entsprechenden Zitat andeuten: wenn der Kunde erwartet, daß der Meister innerhalb einer Woche den Durchbruch erreicht, auf den man Jahre hat warten müssen, dann baut das mit Sicherheit einen riesigen Erwartungsdruck auf. Überhaupt erwartet das Publikum von den Meistern stets sensationelle Leistungen. Auch das ist eine Belastung, die nicht zu unterschätzen ist. Wie das Zitat über das Trabrennen zeigt, ist das Publikum ungerecht und gnadenlos. Wer will sich schon sagen lassen: "Geh nach Hause, du kannst nix!" Der Trainer hat einen Ruf zu verlieren, von diesem Ruf lebt er, er muß also erfolgreich sein. Das ist vermutlich der Preis für die Vorteile der Leistungsauslese, die eingangs im Artikel angesprochen worden sind. Ich will und kann da nicht richten, lediglich die Sache von allen Seiten beleuchten und Fragen stellen. Noch etwas habe ich nicht im Artikel gebracht: Die Cavallo hat anscheinend mit der FN einen neuen Wettbewerb etabliert, die Gelassenheitsprüfung. Das ist eine wunderbare Sache, aber meines Erachtens im Westernbereich ein alter Hut: dort wird die Gelassenheit vielfältig geprüft. Genau darauf hatte ich bereits in meinen Berichten abgehoben -die meisten Wettbewerbe waren extrem unspektakulär. Aber genau das will das Publikum nicht sehen, es ist heiß auf die Sensationen, auf die spektakuläre Aktion. Der Hinweis auf den Trabrennsport zeigt jedoch: die Sensation fördert das Geschäft und nützt damit letzten Endes sogar den Pferden. Mit freundlichen Grüßen Werner Stürenburg
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