Wendy Promotions Ltd., Comicroman Im Reich der Träume, Ausschnitt Comicroman Nr. 44/97, EHAPA Verlag GmbH
In der letzten Ausgabe habe ich mich über einige Ungereimtheiten gewundert, z. B. über die blaue Vegetation. Je genauer ich hinschaue, desto mehr fällt mir auf.
Bei diesem Bild z. B. hat das Fohlen einen enormen Schlagschatten, der darauf hindeutet, daß die Sonne sehr hoch steht und sehr kräftig scheint. Die beiden Menschen haben aber überhaupt keinen Schatten.
Ist das eine Nachlässigkeit, oder ist das Absicht? Wenn das Absicht ist - welche könnte das sein?
Man sieht übrigens an diesem Bild, daß auch die Darstellung des Fohlens zu wünschen übrigläßt: die Beine sind viel zu kurz. Für die Zwecke des Comic ist das aber vermutlich alles unerheblich: der Leser kauft die Geschichte ab, wenn nur das Vergnügen groß genug ist, und das ergibt sich unter anderem aus ästhetischen Gründen.
Denn schließlich sieht Mickey Mouse auch nicht wie eine Maus aus und trotzdem haben die Leute seit Jahrzehnten Vergnügen an dieser Figur. Sie ist eben künstlerisch überzeugend.
Wendy ist eines der großen Pferdemagazine für jugendliche Mädchen. Im Unterschied zu den anderen Blättern, die monatlich oder sogar noch seltener erscheinen, gibt es diese Hefte zweimal im Monat. Deren Auflage ist typischerweise dreimal so hoch wie bei etablierten Blättern für Erwachsene. Dieser Markt ist also lukrativ und ergiebig.
Kommentar · 08.12.2002 Von Werner Stürenburg
In der letzten Woche hatte ich Gelegenheit, meinen Töchter den ersten Beitrag über die Wendy-Einhörner zu zeigen - beide konnten sich an die Geschichte erinnern, sie hatte ihnen nicht gefallen. Die Sache war zu abstrus, zu weit hergeholt.
Überhaupt hatten ihnen die Comics nicht so gut gefallen, wie ich angenommen hatte. So erwähnten sie zum Beispiel die Betonung der übersinnlichen Fähigkeiten von Wendy, die gebraucht wurden, um Geschichten dramatisch zu bewältigen.
Das ist wohl ein Problem: wie kann ich alle 14 Tage eine spannende Geschichte aus dem Leben von Wendy bringen, die glaubwürdig ist und trotzdem ungewöhnlich genug, daß man sie erzählen kann? Wer kann aus seinem eigenen Leben alle 14 Tage eine neue Geschichte erzählen, die andere Leute hören wollen?
Es kam also wohl darauf an, den einmal eingeschlagenen Weg konsequent durchzuhalten: eine realistische Figur zu erfinden, die zur Identifikation taugt. Sobald eine Geschichte unglaubwürdig oder unrealistisch ist, fällt sie bei den Lesern eventuell durch. Jedenfalls wohl bei meinen Töchtern, die in ihren Rollenspielen stets großen Wert auf Glaubwürdigkeit und Realismus gelegt hatten.
So erinnere ich das auch aus meiner eigenen Kindheit: Rollenspiele mußten realistisch sein, damit sie Spaß machten. Mit anderen Worten: es war nicht möglich, Rollenspiele zu Bereichen zu machen, über die zu wenig bekannt war. Fakten sind also auch für Phantasiespiele wichtig.
So habe ich denn am Ende der letzten Ausgabe die Frage gestellt, wie realistisch denn die Sache mit den Einhörnern in Schleswig-Holstein ist. Die Geschichte wird aber noch viel abenteuerlicher: kaum ist das Fohlen gesund, ist es erneut in höchster Gefahr, weil zwei Gangster auftauchen (natürlich ebenfalls zu Pferd), die seine Eltern umbringen wollen, selbstredend aus reiner Gewinnsucht, da die Einhörner selbstverständlich medizinisch wertvoll sind.
Die durch das Fernsehen geschulten Jugendlichen assoziieren selbstverständlich sofort die illegale Tötung gefährdeter Tiere wegen angeblich wirksamer Substanzen, Verbrechen, die zwar nicht bei uns und nicht für uns begangen werden, für die wir uns aber verantwortlich fühlen und gegen die wir was unternehmen wollen. Wir retten die Welt!
Schon wieder ist guter Rat teuer: was sollen die beiden gegen die bewaffneten Übeltäter ausrichten wollen? Warum drücken die nicht sofort ab? Ist die Situation nicht geradezu günstig? Die beiden Einhörner präsentieren sich optimal.
Wendy macht dem Obergangster naive Vorwürfe, und da passiert das Unerwartete: ein anderes Mädchen erscheint zu Pferde, mit Reitkappe und Stiefeln und Reitjackett perfekt angezogen, auf einem feurigen Apfelschimmel, erkennt die Situation auf einen Blick und entscheidet sich spontan zur aggressiven Attacke auf die Bösewichter.
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