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Bericht Jagdreiten · Gesamttext
Hauptartikel Ausgabe 224.03 der Pferdezeitung vom 13.07.03
Inhaltsmenü Berichte  Einmal im Jahr auf die ...  Schleswig-Holstein  Meuten  Hetzjagd, Schleppjagd, ...
 Fuchsjagd  Jagdgericht  Die Prüfungen  Kapitän  Stimmung
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 Gesamttext 
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Petersfelde, Ortsteil von Sülfeld
©   Jürgen Schiller

    Einmal im Jahr auf die Jagd   
    Die einzigartige Petersfelder Herbstjagd   
von   Gerd Hebrang



Wenn es das Internet nicht gäbe: Hätte ich von der » Petersfelder Herbstjagd schon gehört? Vermutlich nicht. Und wahrscheinlich hätte ich auch von der » Jagdgemeinschaft Gut Pollen noch nichts gehört. Und wer bewegt sich im Internet?

Sie und ich, selbstverständlich! Doch machen wir uns nichts vor: wir gehören immer noch zu einer Minderheit. Deshalb möchte ich Sie bitten, allen aus Ihrer Bekanntschaft, mit oder ohne Zugang zum Internet, von der Petersfelder Herbstjagd zu erzählen.

Die ist nämlich eine sehr schöne Tradition, und die beiden Hauptverantwortlichen der Veranstaltung, Master Jürgen Schiller und Master Joachim Seismann, sind daran interessiert, neue Mitreiter zu gewinnen.

Deshalb: Überlegen Sie einmal, ob Sie sich nicht das Vergnügen gönnen, am 6. September 2003 bei der diesjährigen Petersfelder Herbstjagd mitzureiten! Hören Sie sich auf jeden Fall um, ob nicht jemand anders Lust hat, einmal etwas Besonderes mit dem Pferd zu erleben.

Ich finde nämlich, daß solche Veranstaltungen unbedingt Unterstützung verdienen; es sollte sogar mehr davon geben. Jürgen Schiller erzählte, daß es vor 30 Jahren in seiner Gegend eine ganze Reihe von Hausjagden gab, 10 oder 15, die nach seiner Beobachtung sämtlich an der "Demokratiebewegung" eingegangen sind. Da hat man sich dann wohl über die Einzelheiten zerstritten: Wie soll die Strecke aussehen, wie die Hindernisse; solche Fragen kann man wohl nicht durch Abstimmungen klären: "Das ist der Tod der Jagd".

Bei der Petersfelder Herbstjagd bestimmen die Master, wo es langgeht, und das funktioniert. Ursprünglich war diese ebenfalls eine Hausjagd im Nachbardorf, die in den fünfziger Jahren gestiftet wurde. Bei der ritt Jürgen Schiller mit.

Der Veranstalter verzog jedoch in die Lüneburger Heide; Jürgen Schiller entschloß sich daraufhin, das Heft selbst in die Hand zu nehmen und die Sache auf eigene Faust fortzuführen. Weil er in Petersfelde wohnt, hat er die Jagd in Petersfelder Herbstjagd umbenannt.

Petersfelde liegt vor den Toren von Hamburg, 8 km bis zur Stadtgrenze, 31 km bis zum Stadtzentrum; daher finde ich es keineswegs selbstverständlich, daß man dort überhaupt eine Jagd veranstalten kann. Die Strecke geht über 15-18 km durch freies Gelände, ohne Begrenzung, und ist so sorgfältig ausgewählt, daß man nur selten eine Straße überqueren muß, meistens nur eine einzige.




Schleswig-Holstein

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Über weite Wiesen...
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...durch einen langen See
Dafür müssen die beiden Master mit vielen Landwirten verhandeln, da man über deren Besitz reiten muß. Wie gut, daß Joachim Seismann früher selber Landwirt war und alteingesessen ist. 1994 gab er die Landwirtschaft auf ("das machen viele"); seine Kinder haben andere Interessen. Die Gebäude nutzt er zur Pferdehaltung. Er besitzt inzwischen einen der größten Reitställe in der Gegend (» Reitstall Ulla u. Joachim Seismann).

Die Flächen hat er weitgehend verpachtet. Mit seinen Pächtern hat er vereinbart, daß am Randstreifen geritten werden darf, an den Knicks, ein halber Meter steht zur Verfügung, und in Getreidefeldern darf er in der Fahrgasse reiten, 3 km mitten durch die Felder bis zum nächsten Reitweg. Und das in Schleswig-Holstein! Da ist doch sonst für die Reiter der Hund verfroren!

Joachim Seismann: "In Schleswig-Holstein ist das Reiten generell verboten, außer dort, wo es ausdrücklich erlaubt ist. In Niedersachsen ist das genau umgekehrt!" Die Nordlichter lernen aber gerade dazu: "Im letzten Jahr hat das Amt Tellingstedt im Kreis Dithmarschen 250 Kilometer Reitwanderwege eingerichtet - die haben die Reiter als Wirtschaftsfaktor entdeckt!"

Reiten gilt nicht mehr als elitär, mehr als Breitensport. Joachim Seismann weiß, wovon er redet, sein Reitstall ist ein Beleg für seine These. Auch er paßt sich an und hat ein "Heuhotel" eingerichtet, das auf Wanderreiter wartet. Ich habe nicht gefragt, ob das Heuhotel auch für die Teilnehmer der Petersfelder Herbstjagd zur Verfügung steht, aber das können Sie leicht herausfinden.

Die Teilnehmer, die einen etwas weiteren Weg haben, können ihr Pferd kostenlos im Reitstall Seismann unterstellen. Manche Leute reiten am Tag vorher an und am Tag nachher ab, andere bringen ihr Pferd mit dem Hänger. Bisher sind die Teilnehmer mit den weitesten Wegen aus dem Ruhrgebiet und Dänemark gekommen. Vielleicht stellen Sie einen neuen Rekord auf?

In der Nähe gibt es Motels, die von den Reitern genutzt werden, für die ein Heuhotel doch nicht das richtige ist. Das Jungvolk zeltet auch gern auf dem Gelände von Seismann oder schläft auf dem Heuboden des Schillerschen Hofes nebenan. So ist die ganze Veranstaltung mehr als nur eine Jagd.

Moment mal: was heißt hier eigentlich Jagd? Traditionell verstand man darunter eine wirkliche Jagdveranstaltung, bei der es darum ging, Hirsche oder anderes Wild zu erlegen. Gern nahm man dabei andere Tiere zu Hilfe, etwa Falken oder Hunde.



Meuten

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Schleppjagdverein Warendorfer Meute e.V.
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Hamburger Schleppjagd-Verein e.V.
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Niedersachsenmeute e.V.
In dieser Form wird das Jagdreiten noch heute bei uns gepflegt: Jürgen Schiller schätzt, daß es zwölf Meuten in der Bundesrepublik gibt - was mir zu tief gegriffen scheint, denn auf Anhieb habe ich 14 Meuten im Internet gefunden (und kenne noch mindestens zwei, die nicht dabei waren):


Viele dieser Meuten existieren noch gar nicht so lange; wie es aussieht, werden es eher mehr als weniger, obwohl die Unterhaltung einer Meute ganz offensichtlich sowohl einen erheblichen Kapitaleinsatz als auch sehr viel Zeit und Energie beansprucht ("Die Hunde sind ein quicklebendiger Haufen, der die Vereinsmitglieder ordentlich auf Trab hält. Sie brauchen sehr viel Pflege und Bewegung und verputzen monatlich etwa 1,5 Tonnen Futter", » Hunde). Entsprechend groß muß das Vergnügen sein, das die Jagd hinter der Meute bereitet.

Das "Geläut" der Hunde ("Zum Selbstverständnis der Meute gehört es, den Followern guten anspruchsvollen Sport hinter einem laut jagenden Pack zu bieten [...]", » Beagle Meute Lübeck) muß zumindest auf bestimmte Menschen eine ungeheure Faszination ausüben. Die Web-Seite » Online-Informationsservice für Schleppjagden wurde von so einem Begeisterten eingerichtet, für den dieser Sport ein willkommener Ausgleich für seinen Beruf darstellt: » Die Schleppjagd ist meine Passion.

Die Petersfelder Herbstjagd wird ohne Hunde veranstaltet. Ich nehme an, daß die vielen Hausjagden, von denen Jürgen Schiller berichtet, ebenfalls ohne Hunde veranstaltet worden sind. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Kann man nicht das Vergnügen der Jagd haben, ohne die Mühen einer Meute in Kauf nehmen zu müssen?



Hetzjagd, Schleppjagd, Herbstjagd

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Weite Schleswig-Holsteinische Geestlandschaft
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Selbstgebaute Hindernisse
Wenn ich mir die Fotos der Petersfelder Herbstjagd anschaue, sehe ich, daß alle Beteiligten voll auf ihre Kosten kommen. Eine Meute stellt besondere Anforderungen an Pferd und Reiter - diese zusätzlichen Schwierigkeiten fallen bei der Petersfelder Herbstjagd weg. Wie bei den "richtigen Jagden" reitet man in mehreren Feldern; so kann man Fortgeschrittenen und Anfängern gleichermaßen etwas bieten.

Jürgen Schiller sorgt dafür, daß die Angelegenheit niemals in Streß ausartet. "Die Hindernisse für das erste Feld sind nie höher als 90 Zentimeter, für das zweite Feld betragen sie 50 bis 60 Zentimeter. Wir haben sie schon mal niedriger gebaut, aber das bringt nichts, da stolpern die Pferde dann drüber statt zu springen. Die müssen die schon ernstnehmen können."

Trotzdem denke ich, daß die Angelegenheit nicht ganz ungefährlich ist, wenn so viele Pferde beteiligt sind; die spulen sich ja auf und sind dann vielleicht nicht mehr zu halten. "Wir haben nur zweimal Unfälle gehabt, einmal ein Beinbruch am Anfang und auf der 12. Jagd ein Armbruch; ich klopfe mal eben auf Holz!"

Wenn man bedenkt, daß auch sonst Unfälle passieren ( Tod und Verwirrung), kann man aus dieser Tatsache schon ableiten, daß die Petersfelder Herbstjagd vorzüglich organisiert ist. Jürgen Schiller ist überhaupt sehr vorsichtig. Er reitet seit 30 Jahren und täglich im Gelände; er trainiert im Blick auf die Herbstjagd, d. h. er legt Galoppstrecken ein und springt über Hindernisse, aber niemals allein, denn er weiß, daß jederzeit etwas passieren könnte: "Da braucht nur eine kleine Eule zu erscheinen, da schreckt das Pferd schon auf."

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hat er auf diese Weise die erste Bekanntschaft mit seiner späteren Frau Angela gemacht. Die ritt beim Hamburger Schleppjagdverein mit und schaute streng von oben herab, als er mitsamt Pferd im Graben gelandet war und sich nicht rühren konnte. Statt ihm zu helfen, sprang sie elegant über den Graben und galoppierte davon. Später sprach er sie dann erbost auf den Vorfall und die mangelnde Kameradschaft an, woraufhin sie ganz kühl erwiderte: "Auf der Jagd ist jeder allein."

Jürgen Schiller ist also kein Einzelgänger, der nicht über den Tellerrand schaut: er hat viel erlebt. "Das ist schon ein unglaubliches Erlebnis, wenn sich zwei Meuten treffen: man fragt sich, wie kann man die hinterher sortieren? Ganz einfach: ein Pfiff, und schon ist jeder Hund im richtigen Hänger." In Deutschland ist die Jagd auf Wild seit den dreißiger Jahren verboten, als Ersatz dienen die Schleppjagden, bei denen die Hunde in der Regel einer Geruchsspur folgen ( 26 Jahre Bübchentee).

Die moderne Schleppjagd hat nichts mehr mit der Hetzjagd auf lebendes Wild zu tun. Die ist seit über 60 Jahren in Deutschland verboten, Wildjagden auf Hirsch, Hase, Reh, Wildschwein und Fuchs werden nur noch in England, Irland und Frankreich geritten. Aber obwohl die Schleppjagd nur eine Imitation der Parforce-Jagd ist, hat sie nichts von ihrem Reiz für die Teilnehmer verloren. (» Philosophie)



Fuchsjagd

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Spaß für Pferd und Reiter
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Vorschriftsmäßig gekleidet
Jürgen Schiller wußte sogar, auf wessen Betreiben die Hetzjagd verboten wurde: es war Hermann Göring. Obwohl Jürgen Schiller keine Meute einsetzt, schätzt er doch die echte Jagd sehr. Er hat viele Fuchsjagden in England und Schottland mitgeritten und bedauert es, daß jetzt auch in England ein Verbot ergangen ist. Er hat sogar 20 Pfund gespendet, um die "gute Sache" zu unterstützen.

Der Vorwurf der Tierschützer lautet, das Wild werde unnötig gehetzt. Es gehe aber in der waidmännischen Philosophie darum, ein Ritual wieder aufleben zu lassen. "Ich habe das schon als Kind erlebt, mein Großvater ist auf Trappenjagd gegangen." Der Fuchs habe eine große Chance, mit dem Leben davonzukommen: "Ich habe in den letzten 20 Jahren vielleicht 15 Fuchsjagden mitgemacht und keinen einzigen Fuchs gesehen!"

Es sei schon verwunderlich genug, daß die Master überhaupt aus einem großen Forst einen Fuchs herauslocken könnten. Der Fuchs sei ja schlau; er laufe große Kreise und schlage dann plötzlich einen Haken im rechten Winkel, was die Hunde nicht mitmachen können.

"Einmal ist der Fuchs mitten durch die Reiter gelaufen, aber ich habe ihn nicht gesehen, weil ich gerade damit beschäftigt war, Kekse aus meiner Tasche zu holen." Und dann brauche der Fuchs nur über die Grenze des Hunts zu laufen, "dann ist der saved! Von zehn Füchsen wird vielleicht einer gefangen - die verschwinden sogar in Drainagerohren!"

Überhaupt: die englischen Fuchsjagden! "Unsere Schleppjagden sind wesentlich aufregender!" Die englischen Hindernisse haben offenbar alle "große Löcher, wo gnä' Frau durchreitet." Man muß sich eine englische Fuchsjagd wohl mehr wie einen Ritt in schwierigem Gelände vorstellen, etwa im Dartmoor, wo kaum gesprungen wird. "Die Anforderungen sind ganz anders!"

Die Petersfelder Herbstjagd ist natürlich nicht langweilig, Jürgen Schiller weiß aus Erfahrung, was Spaß macht und wie man so etwas aufzieht. Der Spaß soll dabei im Vordergrund stehen, schon aus Sicherheitsgründen. Seit einigen Jahren pflegen die Petersfelder eine enge Verbindung zur Jagdgemeinschaft Gut Pollen ("das sind passionierte Leute"); in diesem Sommer hat man eine gemeinsame Jagd in der Lüneburger Heide veranstaltet. "Solche Hindernisse habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen!"

Sein Ehrgeiz geht ganz eindeutig nicht in Richtung Hochleistung, obwohl die reiterlichen Ansprüche durchaus nicht gering sind. Nicht umsonst übt er Ausdauer, besonders Galoppausdauer, und auch dann wieder Paraden, insbesondere zwischen den Hindernissen, oder er reitet Hindernisse in Reihe. Dabei wird er von seiner ganzen Familie unterstützt, und natürlich auch bei der eigentlichen Jagd.



Jagdgericht

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Im Galopp übers Stoppelfeld
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Ende der Jagd: Ehrungen
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v.l.: Jürgen Schiller, Heike Lüdemann, Angela Schiller, Jochen Seismann
"Beim Jagdgericht muß manchmal meine Tochter herhalten, weil die Betroffenen ihre Pferde nach Hause bringen und nicht wiederkommen. Wer gegen die Regeln verstoßen hat, wird hier theatralisch vorgeführt."

Natürlich ist auch das ein Spaß. Die Regeln selber nicht. Es gibt eine strenge Kleiderordnung, und während der Jagd müssen sich die Teilnehmer nach den Pikören richten. Wer sich etwas "zuschulden" kommen läßt, bekommt eine "Strafe" aufgebrummt; er muß z. B. sein Pferd um Verzeihung bitten oder über eine Bank springen.

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Petersfelder Knopf
Anschließend bekommt jeder Teilnehmer feierlich vom Master einen Knopf verliehen. "Das hat mich immer geärgert: Meine Frau hatte bereits drei Knöpfe vom Hamburger Schleppverein und nur noch zwei Konfektionsknöpfe an ihrer Jacke und ich hatte immer Pech: obwohl ich zwölf Jahre mitgeritten bin, habe ich keinen einzigen Knopf bekommen. Das wollte ich anders machen!"

So hat Jürgen Schiller eines Tages im Internet recherchiert, um herauszufinden, wo man sich solche Knöpfe machen lassen kann. Man hält es nicht für möglich: im Nachbardorf! Der Messingknopf verwendet das Sülfelder Wappen - Petersfelde hat keins, es gibt ja auch nur 17 Einwohner.

Manche Teilnehmer werden bald sämtliche Knöpfe ihrer Jacke durch die der Petersfelder Herbstjagd ersetzen lassen können, denn es gibt natürlich ausgesprochene Fans, die jedes Jahr dabei sind. Und selbstverständlich wollen sie jedes Jahr wieder den Vogel abschießen (bildlich gesprochen, natürlich). Der Höhepunkt der Jagd ist nämlich die Attacke, die einer militärischen Attacke nachgebildet ist.

Die Felder stellen sich in einer Reihe auf einer großen Wiese auf und reiten auf das Kommando ihres Pikörs in breiter Front einen wilden Jagdgalopp auf mindestens 1,5 Kilometer, wobei ausnahmsweise die Piköre überholt werden dürfen. "Ich reite vor, werfe meine Kappe in die Luft und rufe: Für Schleswig-Holstein! - Dann kann alles losrasen."

Am Ende der Strecke steht eine uniformierte Puppe ("ich muß mal eine andere Uniform besorgen, meine ist schon ziemlich verschlissen"), die es zu ergreifen gilt. Dem Sieger winkt eine Flasche Sekt.

"Da hat schon manch ein Repeater ein langes Gesicht gemacht! Auf den Videos kann man das immer sehr gut sehen - zum Schluß kommt vielleicht ein kleines Pony dahergehoppelt und der Reiter nimmt ganz gemütlich die Puppe in den Arm."

Und wieso wird das gemacht? "Ich komme aus dem Osten, wir hatten große Besitzungen. Der erste erbte, der zweite wurde Offizier. Ich habe nie davon geträumt, Lokomotivführer zu werden, ich wollte immer Kosak werden." Das ist aber natürlich nicht der einzige Grund: die Petersfelder Herbstjagd soll doch ein abwechslungsreiches, unvergeßliches Erlebnis werden.



Die Prüfungen

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Zu zweit springt es sich besser
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Groß und klein
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Die Kleinen halten mit
Das ist sie zweifellos. Sie dauert etwa drei Stunden, wovon der eigentliche Ritt etwa die Hälfte in Anspruch nimmt, die andere Hälfte fällt auf eine große und mehrere kleine Pausen. Insgesamt werden etwa zwanzig Hindernisse angeboten:

  • künstliche Hindernisse
  • Knicksprünge
  • Grabensprünge
  • langer Durchritt durch einen See
  • Galopp durch einen kleinen Teich mit anschließendem Aufritt auf einen Steilhang

Die Hindernisse werden von den Mastern und freiwilligen Helfern erbaut: "Unsere finanziellen Mittel sind begrenzt. 4-6 Wochen vorher fragen wir die Einsteller, und wer Lust hat, macht mit, das fördert die Gemeinschaft. Die Hindernisse werden alle mit Fichtenstangen gebaut, auch hinter Knicks, damit die Pferde die sehen. Ein paar Tage vorher machen wir mit 15-20 Reitern eine Generalprobe."

Auf diese Weise ist Orm Holub, der Webmaster (» Wirtschaftsinformatiker Orm Holub), mit eingespannt worden: Seine Frau hatte ihr Pferd bei Seismann eingestellt - selbstverständlich reitet sie mit - und er wurde angesprochen, ob er nicht einen Traktor fahren könnte. Die Angehörigen sollen nämlich ebenfalls etwas zu sehen bekommen.

Deshalb müssen die Reiter manchmal eine kleine Pause einlegen; alte Hasen (Repeater) empfinden das manchmal als störend. Die ganze Sache ist generalstabsmäßig geplant. Es wäre ja fatal, wenn die Reiter schon über die Hindernisse fetzen würden und die Traktoren wären noch unterwegs.

In diesem Jahr werden erstmals zwei Pferdefuhrwerke eingesetzt (Kremser). Die sind natürlich zu langsam. Wer da mitfahren will, kriegt nicht alles zu sehen. Außerdem wird auch ein kleiner Unkostenbeitrag erhoben; die Traktorfahrten sind kostenlos.

"Wir sind also zusammen mit einem Geländewagen die Strecke abgefahren. Der Mann neben mir sah aus wie ein Schwein: Es hatte geregnet, alles war schrecklich matschig, und die hatten in dem Dreck die Hindernisse gebaut. Da fragte ich ihn, was er denn beruflich so mache, und er sagte: Kapitän. Darauf ich: Kümo?"

Ich stutzte ein bißchen, schaltete, und dachte mir, daß ich an dieser Stelle eine Erläuterung für die Leser südlich der Mainlinie einschieben muß. Wissen Sie, was ein Kümo ist? Das ist ein Küstenmotorschiff, sozusagen die geringste Klasse. Jürgen Schiller nahm die Sache von der leichten Seite - er ist nämlich Kapitän von einem Riesenschiff, einer Englandfähre, oder genauer gesagt: er war es 24 Jahre lang, denn er wurde kürzlich pensioniert.



Kapitän

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Kapitän Jürgen Schiller
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Vor dem Badehäuschen
Falls Sie in dieser Zeit mit der "Admiral of Scandinavia" von Amsterdam nach Newcastle gefahren sind, hat vielleicht Jürgen Schiller das Kommando gehabt. Gut, das gibt es, aber: Wie kommt ein Kapitän vom Schiff aufs Pferd?

So ein Kapitän hat acht Tage Dienst und acht Tage frei: "Ich bin immer ein halbes Jahr zu Hause gewesen, aber natürlich oft zur falschen Zeit."

Und dann habe ich etwas über die Laufbahn eines Seemanns gelernt. Jürgen Schiller hat angefangen als Schiffsjunge, war dann Leichtmatrose, Jungmaat, Matrose - wenn ich das nicht durcheinanderbringe - jedenfalls nennt man diese Ausbildungsstufen die "Ausbildung vor dem Mast".

Dann kam die Ausbildung zum Offizier. "Die Organisation auf einem Schiff ist streng hierarchisch." Als Offizier fängt man normalerweise als dritter Offizier an, aber aus irgendwelchen Gründen wurde Jürgen Schiller gleich zweiter Offizier, machte sein Kapitänspatent in Lübeck, wo alle Patente gemacht werden, wurde dann erster Offizier und schließlich Kapitän. "Das wird natürlich nicht jeder, so viele Schiffe gibt es gar nicht." Das nennt man die nautische Laufbahn.

Jürgen Schiller wundert sich, wie das gehen kann, daß er als Nichttechniker einem leitenden Ingenieur Anweisungen erteilt. "Man steht ja einem hochtechnisierten Betrieb vor. Vermutlich liegt das am Tonfall." Das denke ich auch. Es geht um Menschenführung, auf einem Schiff und bei einer Jagd. Mit Demokratie und Abstimmungen kommt man in beiden Fällen vermutlich nicht sehr weit.

Und wie kam er zu seinem Bauernhof? "Den habe ich gekauft. Wir hatten zu Hause 43 Hektar, und jetzt habe ich sechs Hektar, das reicht für die Pferde. Als 17jähriger habe ich mir schon ausgemalt, daß ich einmal wenigstens einen Resthof haben möchte."

Jürgen Schiller also hat die Petersfelder Herbstjagd geprägt und wird das vermutlich auch noch eine Reihe von Jahren tun. Und dann?

"Ich bin jetzt 67, Jochen Seismann ist zehn Jahre jünger, der übernimmt das jetzt langsam. Der ist hier geboren, der kennt Gegend und Leute viel besser als ich." Genau: Wie macht man das, wenn man Straßen sperrt? Was sagen denn die Behörden dazu?

"Ach wissen Sie, wenn man sich mit dem Feuerwehrhauptmann duzt, dann sagt man: Klaus, wie ist das? Und schon läuft es. Es ist ja nur eine Straße, die Pferde überqueren die geschlossen zu Paaren. Wir haben nur einmal Probleme gehabt: Meistens schauen die Leute sich das Spektakel an und freuen sich, und wer keine Zeit hat, dreht einfach um und fährt andersrum. Nur einmal hatten wir Streß, ausgerechnet mit einer Frau aus dem Reitstall, die mit ihrem dicken Geländewagen immer näher an den Feuerwehrhauptmann ranfuhr, doch der wich nicht. Bevor es aber zur Kollision kam, waren die Pferde schon alle über die Straße."



Stimmung

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Parforcehorn-Club "Hubertus"
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Volle Wagen
Letztes Jahr mußte die Petersfelder Herbstjagd ausnahmsweise ausfallen: das Wetter war zu schlecht. Das Wetter ist natürlich immer ein Unsicherheitsfaktor. Wenn die Ernte zu spät erfolgt, ist der Weizen noch nicht weg, der Raps aber vielleicht schon bestellt. Der Reiz der Jagd besteht der gerade darin, durch eine vielfältige Landschaft zu reiten, über Felder und Wiesen, nicht eingeengt durch Wege und Zäune.

"Die Stimmung ist einfach unbeschreiblich: Stellen Sie sich vor, daß die Bläser auf dem Steg hinter den Badekabinen stehen und die Musik über das Wasser schallt!"

Die Musik wird vom Parforcehorn-Club "Hubertus" aus Hamburg gebracht, der natürlich ebenfalls ständig seinen Standort wechseln muß, damit die Zuschauer auf den Wagen nicht nur ein optisches, sondern auch ein akustisches Erlebnis haben.

Wasser: Dieser Teil des Rittes führt durch ein Naturschutzgebiet, das normalerweise gar nicht zugänglich ist. Eine Hamburger Familie aus dem Kaffeegeschäft hat hier sogenannte Teehäuser errichtet, die heute unter Denkmalschutz stehen. Was stelle ich mir darunter vor? "Sowas hatten wir im Osten auch, das sind Lusthäuschen, die nie benutzt wurden." Der Mühlteich ist 800 Meter lang und wird in voller Länge durchritten.

Im ersten Feld reiten die Könner. Es wird auf jeden Fall gesprungen, und es werden die höheren Hindernisse genommen. Im zweiten Feld kann man springen, aber es ist auch nicht schlimm, wenn man einmal um ein Hindernis herumreitet. Das dritte Feld springt gar nicht, der Teich und der Steilhang werden umritten.

"40 Reiter für ein Feld sind zuviel. Dann teilen wir auf. Jedes Feld hat einen Pikör mit einem sicheren Pferd, der das Feld anführt und auf die Hindernisse aufmerksam macht. Die Pferde von der Jagdgemeinschaft kannten z.B. überhaupt keine Gräben - darauf muß man vorbereitet sein."

Jedes Feld hat seine Kleiderordnung, die ebenfalls zunehmend weniger streng wird. Am besten liest man sich die Bedingungen vorher auf der Internet-Seite » Petersfelder Herbstjagd 2003 durch. Beginn ist 14:30, der Unkostenbeitrag beträgt 18 EUR, für Jugendliche 10 EUR. Es sind alle Pferderassen zugelassen. Abends gibt es bei Schillers auf der Deele ein preisgünstiges Abendessen und "Danz op de Deel", wo auch die freundlichen Landwirte erwartet werden, über deren Grund und Boden man hatte reiten dürfen.

Im Prinzip muß man sich noch nicht einmal anmelden, aber besser ist das natürlich schon, vor allen Dingen, wenn Sie einen längeren Weg haben und übernachten wollen. Und wenn Sie Lust haben, schreiben Sie einen Bericht über Ihre Erlebnisse für die Pferdezeitung.



Quellen


  1. » Petersfelder Herbstjagd
  2. » Jagdgemeinschaft Gut Pollen
  3. » Reitstall Ulla u. Joachim Seismann
  4. » Schleppjagdverein Böhmer - Beagle - Meute e. V.
  5. » Beagle Meute Lübeck
  6. » Cappenberger Schleppjagdverein
  7. » Geiseltal-Beagle-Meute
  8. » Hessenmeute
  9. » Hamburger Schleppjagd-Verein e.V.
  10. » Hardt-Meute, Badischer Schleppjagdverein e.V.
  11. » Niedersachsenmeute e.V.
  12. » Schleppjagdverein Sauerland e.V.
  13. » Schleppjagdverein von Bayern e.V.
  14. » Wiesenhof Meute
  15. » Schleppjagdverein Vogelsbergmeute e.V.
  16. » Schleppjagdverein Warendorfer Meute e.V.
  17. » Wedemark-Meute
  18. » Hunde, Geiseltal-Beagle-Meute
  19. » Online-Informationsservice für Schleppjagden
  20. » Die Schleppjagd ist meine Passion
  21.  Tod und Verwirrung, Hauptgeschichte
  22.  26 Jahre Bübchentee, Hauptgeschichte
  23. » Philosophie, Reiten hinter den Hunden
  24. » Wirtschaftsinformatiker Orm Holub, Softwareentwicklung & Webservice
  25. » Petersfelder Herbstjagd 2003
  26.  Mädchen und Frauen, Hauptgeschichte
  27. » Hermann Drechsler, Pferdezucht, Fahr- und Ausbildungsstall
  28. Schleswiger-Zucht Gut Kamp, Thomas Isenberg, 23827 Travenhorst, Tel.: 04555/456



Abbildungen
©   Orm Holub, ©   Jürgen Schiller



Leserresonanz

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2 Leserresonanzen zu dieser Ausgabe


Leserbrief  984 zu Ausgabe  224
14.07.03



Herbstjagd-Mailingliste

Hallo Werner Stuerenburg.

Ich möchte Sie auf einen Leitartikel über die Petersfelder Herbstjagd aufmerksam machen, der in der Pferdezeitung erschienen ist und der ein sehr realistisches Bild mit vielen Hintergrundinformationen über die Petersfelder Herbstjagd vermittelt.

Den Artikel können Sie kostenlos online unter  /224.03/Gesamttext/ abrufen.

Da der Fehlerteufel wie üblich im Detail steckt, hier eine kleine Anmerkung:

Selbstverständlich reitet auch das dritte Feld, anders als im Artikel beschrieben, durch den großen See. Lediglich die Wasserscheuen und die Ponies gehen um den See herum.

Die Pferdezeitung können sie übrigens kostenlos online abonnieren, indem Sie auf der oben genannten Internetseite einfach auf ABO klicken. Die Pferdezeitung kommt dann wöchentlich kostenlos per eMail ins Haus.

Ich freue mich auf Ihre Teilnahme an der Petersfelder Herbstjagd und verbleibe

mit reiterlichen Grüßen
Orm Holub


Leserbrief  985 zu Ausgabe  224
14.07.03



Jagd

An die Pferdezeitung.

Ein großes Lob für Ihren Beitrag über die Petersfelder Herbstjagd.

Sie haben alles wunderbar beschrieben wie ich es kenne.

Seit vielen Jahren reite ich Jagden bei der Petersfelder Herbstjagd. Bei den Petersfeldern konnte ich sogar meine 14 Jahre alte Tochter mit ihrem Island-Pferd mit auf die Jagd mitnehmen.

Toll und weiter so.

Maren Junker




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Zitat Volker Reumschüssel, 16.03.03: ... Bin heute durch Zufall das erste mal auf dieser schönen Internetseite. Die » Bildschirmschoner sind einfach super. ...  mehr



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www.pferdezeitung.com/Berichte/224/Gesamttext · 27.12.2004 · 06:02
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