| | | just married - man beachte die Dosen! | | | |
| Plakative Farben, einfache Formen wurden populär, das Gruppenfoto der Beatles als Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band und die psychedelischen Einzelposters ging um die Welt.
Die reine Achtung vor den Sachwerten nahm ab, Künstler zertrümmerten in Aktionen Musikinstrumente mit der Aura des Heiligen (Konzertflügel, Violine, Beuys u.v.a.), der Sprayer von Zürich hinterließ seine Spuren auch in Köln und plädierte auf Kunstfreiheit, schließlich wurden Graffitti weltweit populär, oder eher: breiteten sich aus wie eine Pest.
Denn diese Schmierereien ärgern alle, erfreuen niemanden und verursachen ungeheure Kosten, so daß mittlerweile Hausbesitzer und Behörden resignieren.
Die Städte werden unwirtlich und häßlich, weil nun einmal nicht jeder, der das Ventil einer Sprühdose drücken kann, auch etwas von Ästhetik versteht. Im Gegenteil, es scheinen gerade die visuell Minderbemittelten der Welt ihr Unvermögen auf die Augen drücken zu wollen.
Der Versuch, die Dosen-Fanatiker als Künstler zu stilisieren, ist gescheitert. Nur zwei ehemaligen Dunkelmännern ist es gelungen, sich auch als Maler einen Namen zu machen: » Basquiat (1960-1988) und » Haring (1958-1990), beide schon lange tot, der eine starb an Drogen, der andere an Aids. Keith Haring hat es durch extreme Reduktion auf sein Umriß-Männchen immerhin zu weltweiter Bekanntschaft gebracht, wenn auch nicht jeder seinen Namen kennt.
Zwar hat die Geschichte des Holbein-Pferdes in den sechziger Jahren begonnen, trotzdem hat sich daraus etwas ganz Eigenes entwickelt. Die genannten Bewegungen sind alle längst Geschichte und haben sich tot gelaufen, das Holbein-Pferd aber hat eine eigene Qualität bewiesen. Die dokumentierten Bemalungen zeigen eine Kreativität, die erstaunlich ist.
Wie kommt es nun, daß die anonyme Schmiererei am Holbein-Pferd so viele außerordentlich gelungene Schöpfungen hervorgebracht hat?
Offenbar haben die einzelnen Aktionen aufeinander gewirkt. "Die ersten Versuche waren gar nicht so schön", erinnert sich Martin Gürtner, "aber meinem Vater hat das trotzdem gefallen."
Das ist merkwürdig. Normalerweise sind Künstler sehr eigen und ertragen es überhaupt nicht, wenn ihrem Werk ein Härchen gekrümmt wird. Richtig peinlich wird das, wenn Kunstbanausen gar nicht mitbekommen, daß sie es mit einem Kunstwerk zu tun haben. Es gibt da sehr nette Anekdoten, aber ich will nicht wieder abschweifen.
Nach meiner Erfahrung verhält es sich so: Wenn einer etwas Gutes macht, kann man das erkennen. Je mehr einer davon versteht, desto leichter erkennt er natürlich, wenn etwas gut ist. Aber oft braucht man gar nichts davon verstehen und merkt trotzdem, wo die Qualität sitzt.
Das gilt für jeden Lebensbereich. So wird auch ein Mensch, der nichts von Pferden versteht, aus einer Gruppe von Pferden nach einer Weile die besseren herausfinden, oder aus einer Gruppe von Reitern diejenigen, die besser reiten. Er muß das nicht begründen können, er weiß es einfach.
Das ist ein rätselhaftes Phänomen. Es geht um ein Qualitätsurteil, es geht um Qualität als solche, aber was Qualität ist, hat noch niemand definieren können, obwohl Qualität ein ganz wesentlicher Bestandteil des alltäglichen Lebens ist.
Ein einfaches, aber schlagendes Beispiel: Wer Qualität liefert, kann verkaufen, denn die Käufer fällen ständig Qualitätsentscheidungen.
|