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| Heidelinde Keppel führt im Tip dieser Woche am Thema der Sehnenschwäche aus, daß ausreichend Bewegung auf angemessenem Boden die Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung und entsprechender Nutzbarkeit ist. Der Kommentator der Herbstauktion in Verden sang sogar das Loblied auf die spätgeborenen Fohlen, die aufgrund der Witterungsverhältnisse und der jahreszeitlichen Veränderungen von Anfang an genügend Bewegung und Training genießen durften. Im Gegensatz zu den Frühgeborenen, die sich vermutlich in einem engen Stall die Beine in dem Bauch gestanden haben.
An dieser Stelle wird deutlich, daß alle diese Erwägungen nicht nur für den Züchter von Bedeutung sind, sondern auch für den Käufer. Schließlich möchte dieser ein gesundes und leistungsfähiges Pferd erwerben, an dem er lange Freude hat. Ich wohne am Rande des Wiehengebirges, der letzten Mittelgebirgskette vor der Niederdeutschen Tiefebene, gerade mal zwischen 300 und 400 m hoch. Das mag manchen Lesern wenig erscheinen, aber in Wirklichkeit sind es doch richtige Berge. Die Straßen über diese Hügelkette sind steiler und haben engere Serpentinen als viele Alpenstraßen - freilich sind sie kürzer.
Was hat das mit Pferdezucht zu tun? Nun, eine ganze Menge. Vor geraumer Zeit habe ich ganz nebenbei ein paar Fotos auf einem Turnier ganz in der Nähe geschossen. Es war der Reitverein Oberbauerschaft, der das Turnier ausgerichtet hatte. Oberbauerschaft ist ein weiterer Ortsteil von Hüllhorst, vielleicht acht Kilometer von Huchzen entfernt, dem Ortsteil, in dem ich wohne, und der gerade etwas über ein Dutzend Häuser umfaßt.
Bei mir ist es nur mäßig hügelig, aber Oberbauerschaft liegt aber schon ganz deutlich am Hang. Von dort aus sind es nur noch ein bis zwei Kilometer bis zur Kammlinie. Der Reitverein ist gegründet worden und hat seine Heimat gefunden auf einem alt eingesessenen Bauernhof. Die Tochter des Besitzers kauft regelmäßig Pferde für den Reitverein, obwohl ihr Vater auch züchtet. Gerade weil ihr Vater züchtet, versteht sie besonders viel von der Zucht.
Und sie erläuterte mir bei dieser Gelegenheit, daß sie niemals Pferde kaufen würde, die in der Ebene aufgewachsen sind. Nanu? Niedersachsen ist überwiegend flach. Wie soll ich das verstehen? Die Erklärung leuchtete mir unmittelbar ein. Wenn die Fohlen sich überwiegend draußen am Hang bewegen, werden Sehnen, Muskeln, Knochen und Gelenke in einer Art gefordert und gefördert, wie das im Flachland nicht der Fall sein kann. Das Ergebnis sollten, zumindest theoretisch, gesündere und leistungsfähigere Fohlen und Pferde sein.
Nun kann ja jeder viel behaupten. Es war anhand der Ranglisten der » Hannover Breeding Program deutlich geworden, daß die Hannoveraner in der Dressur überwältigend stark sind, im Springen beachtlich erfolgreich und in der Vielseitigkeit irgendwie mitmischen. Man kann jetzt die sportlichen Prüfungen als Maßstab auffassen, der es erlaubt, die Qualität des Pferdematerials zu bewerten. Genau das ist allgemeiner Konsens. Mangels anderer Kriterien schaut man auf sportliche Wertungen. Weltweit kann man ohne weiteres vergleichbare Springprüfungen abhalten. Für Dressurprüfungen braucht man geeignete Richter, aber auch hier scheint die internationale Vergleichswertung zu funktionieren.
Warum keine Rasse in der Vielseitigkeit dominiert, blieb mir verborgen, aber es scheint so zu sein, daß zumindest die Hannoveraner die Vielseitigkeit und sogar das Fahren mit in ihr Kalkül einbezogen haben. Wenn es gelingen sollte, so wie im Springen einen Teil der Population auf Vielseitigkeit oder Fahren zu spezialisieren, könnte man den Mitgliedern und dem Verband insgesamt helfen.
Am Ende des letzten Artikels hatte ich festgestellt, daß es gar nicht einfach ist, Kriterien aufzustellen, nach denen Zuchterfolge bewertet werden sollen oder können. Jedes Land, jeder Zuchtverband wendet andere Methoden an und hat andere Ziele definiert. Aber es ist noch viel schlimmer: Die Wissenschaftler, die mit der Entwicklung eines Zuchtzielprogramms beauftragt worden sind, haben zunächst die Mitglieder befragt und festgestellt, daß diese selbst gar nicht genau wissen, was sie wollen.
Nun ist das die Voraussetzung für die Verbesserung eines Programms - das Programm muß erst einmal klar definiert sein. Der Vorstand muß Zielvorstellungen ausarbeiten und Wege aufzeigen, diese Ziele zu erreichen; jedes Mitglied des Verbandes muß genau verstehen, worum es geht, und diese Ziele unterstützen.
Lag es vielleicht an der mangelnden Fähigkeit, die eigenen Ziele zu formulieren, daß weniger als die Hälfte der angeschriebenen Mitgliedsverbände den Fragebogen ausgefüllt haben? Oder wären die Vorstände vielleicht in der Lage, klare Aussagen zu treffen, wenn es denn eine einheitliche Haltung gäbe? Vermutlich werden in jedem Verband andere Gründe vorliegen, die es unmöglich machen, die Zuchtziele einfach und deutlich in den Raum zu stellen.
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