Die britische Prinzessin Anne lud 1988 eine Gruppe führender Pferdeleute nach Apeldoorn ein. Diese Gruppe entwickelte das Konzept der World Breeding Championships, das 1992 gestartet wurde. 1994 wurde die » World Breeding Federation for Sport Horses (WBFSH) in Berlin gegründet. Mehr als 25 Zuchtverbände wurden Mitglieder. 1999 wurde der Verband reorganisiert und zählte dann 43 Mitglieder.
Die WBSFH arbeitet seit 1992 eng mit der FEI, dem Welt-Dachverband des Pferdesports, und der niederländischen Firma BCM zusammen, die für die FEI die Daten sammelt und aufbereitet und auch die Zeitschrift "Horse International" herausgibt (» The Thoroughbred Roots of Modern Show Jumpers). Aus diesen Daten leitet die WBSFH einen Züchterleitfaden ab, der alljährlich von der Firma BCM publiziert wird.
Die WBSFH ist ein Zusammenschluß von Warmblutzuchtverbänden, die für sich in Anspruch nimmt, zur Zeit der einzige internationale Zusammenschluß von Sportpferde-Zuchtverbänden zu sein. Daraus lese ich, daß es früher einmal mehrere solche Verbände gegeben hat.
Die Arbeit der WBSFH geht nicht ohne Schwierigkeiten vonstatten. So fand ich das Protokoll einer Vorstandssitzung, in der über die mangelnde Zahlungsmoral der Mitgliedsverbände geklagt wurde (» Minutes of the joint meeting of the Board and the Executive Committee of the WBFSH). Zu den Säumigen gehörte auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung, die allerdings infolge der Mahnung dann gezahlt hat.
Die Mitgliedsbeiträge berechnen sich auf der Grundlage der gemeldeten Fohlen. Eine ganze Reihe von Mitgliedern hat einfach die geforderten Zahlen nicht gemeldet. Daraufhin wurde beschlossen, eine Schätzung auf hoher Grundlage vorzunehmen in der Hoffnung, daß die hohe Rechnung die Mitglieder wohl dazu bewegen würde, die aktuellen Zahlen zu nennen, damit die Rechnung moderater ausfällt. Auch diese Maßnahme hatte bei den meisten Mitgliedern dann den gewünschten Erfolg. Ein Verband meldete zwar die gewünschten Zahlen, bezahlte aber trotzdem nicht die Rechnung. Daraufhin wurde der Ausschluß angedroht. Die Holsteiner Horse Association of Australia (HHAA) erklärte sogar die Zahlungsunfähigkeit und wurde daraufhin ausgeschlossen.
Es ist auf dieser Ebene also genauso wie überall: man arbeitet zusammen, aber auch gegeneinander. Schließlich sind die Zuchtverbände Konkurrenten auf dem Markt - aber diesen Ausdruck darf man ja heute nicht mehr verwenden, man schminkt also den Konkurrenten um und nennt ihn Mitbewerber - was in der Sache nichts ändert.
So wurde zum Beispiel auf der erwähnten Vorstandssitzung die allgemeine Politik der Europäischen Union erläutert, die zwar die Oberhoheit über die Zuchtpolitik den regionalen Zuchtverbänden zuspricht, diesen jedoch die Möglichkeit läßt, in den Mitgliedsländern selbst aktiv zu werden. Was bedeutet das?
Als Beispiel wurde das Szenario entworfen, daß der Holsteiner Verband in Irland tätig wird. Das ist erlaubt, kann aber dem irischen Verband ISH nicht recht sein. Wenn nun der irische Verband ISH allen Besitzern von Holsteinern anbietet, ihre Pferde im eigenen Verband ISH zu geringeren Preisen registrieren zu lassen, so wäre das im Interesse der Europäischen Union, aber nicht im Interesse der Zuchtverbände. Diese wollen ja eigentlich ihre Eigenständigkeit bewahren. In Deutschland haben wir ja schon die undurchsichtige Situation, daß ein Pferd hannöverscher Abstammung in jedem beliebigen anderen Zuchtgebiet eingetragen werden kann.
Nun haben die Hannoveraner sehr viel Erfolg, was man von den anderen Zuchtverbänden so nicht unbedingt behaupten kann. Wie reagiert jetzt der Markt? Was ist zulässig und was nicht? Gestern habe ich die Bestände an Hannoveranern im Pferdemarkt der Pferdezeitung gesichtet und dabei Danka´n Davignon gefunden, bei der sich in der Beschreibung folgende Bemerkung findet:
| Sie stammt aus der Hannoveraner Stute Luna /Salvano X Lamento und dem Vollblüter WaldstarXX und ist beim Verband Rheinland-Pfalz als Zweibrücker eingetragen. 1 Jahr, 1.900 Euro | | |
Eigentlich handelt es sich also um eine Zweibrücker-Stute; vermutlich hat die Besitzerin das Pferd als Hannoveraner angeboten, weil sie sich dadurch bessere Absatzchancen erhoffte. Tatsächlich hätte man die Stute sicherlich auch in jedem anderen deutschen Zuchtverband einschließlich des hannöverschen eintragen lassen können. Möglicherweise sogar in einem ausländischen, denn auch unsere Kollegen im europäischen Ausland und sogar weltweit züchten mit Hannoveranern und Vollblütern und nehmen die Erzeugnisse in ihre Zuchtbücher auf, wobei allerdings in der Regel nur der Hengst von außen kommen darf. Aber wer weiß? Die Verbände sind frei, ihre Regeln zu bestimmen.
Teil drei nächste Woche
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