Heidehof - Mützdorf
Ich verabschiede mich, nachdem ich noch mit der Wirtin über eine Abkürzung der Reitstrecke gesprochen habe. Ich will versuchen, zur "Alten Hölle" zu reiten, einem Gasthaus, und von dort nach Reezerhütten weiter. Hierdurch kann ich bestimmt sechs Kilometer einsparen. Außerdem komme ich dabei noch an einer Anhöhe vorbei, die in der Karte als besonders schöne Aussicht gekennzeichnet ist.
Der Wald, in den ich nun einbiege, ist unglaublich grün und golden. Überall wächst saftiges Gras auf den Wegen und zwischen den Bäumen. Ich reite durch die sogenannte "Mulde", einem Einschnitt, der sich zwischen zwei Hügeln windet. Ein Relikt der Eiszeit, die hier das Gelände geformt hat.
Irgendwann muss es rechts hoch gehen, auf die schöne Aussicht. Aber plötzlich teilt sich der Weg. Nanu, so ist das in der Karte nicht eingezeichnet. Ich reite erst nach rechts, stelle aber bald fest, das dieser Weg aus der Mulde weg führt, wende und reite nach links. Dann entdecke ich, schon leicht verunsichert, einen kleinen Trampelpfad nach links oben. Ist das der gesuchte Weg? Egal, er führt nach oben auf den Hügel, den ich ersteigen will, also rauf.
Rashim klettert munter los, und bald erreichen wir den Gipfel des Hügels. Der Wald hört auf und wir können tatsächlich weit schauen. Das war einen Umweg wert! Es sind weite goldgelbe Felder zu sehen und in einiger Entfernung stehen sehr dekorativ einige Bäume auf der Kuppe. Nachdem ich diese schöne Aussicht genossen habe, mache ich mich auf, den weiterführenden Weg zu suchen. Er soll nach rechts wieder von dem Hügel hinunter führen. Aber ich reite bis zur nächsten Landstraße und es kommt kein Weg nach rechts.
Also wieder zurück, und dann entdecke ich einen schmalen Streifen neben einer Schonung, der aussieht wie ein ehemaliger Weg. Dort reite ich weiter, komme bald auf einen richtigen Weg und bin zufrieden. Doch schon nach wenigen Minuten wendet der Weg ab in eine völlig falsche Richtung. Was nun? Ich reite ein Stück weiter, bekomme ein mulmiges Gefühl und wende wieder, um zurück zur Straße zu reiten. Hier ist der Weg schrecklich, nur Kieselsteine und aufgefüllte Löcher mit zerbrochenen Ziegeln. Tja, das ist eben kein ausgeschilderter Reitweg.
Langsam merke ich, dass die Karte zwar ausreicht, um auf dem Reitweg zu bleiben, aber für andere Routen nicht geeignet ist. Es fehlen einfach viele Wege, die in der Realität vorhanden sind. So wird "der erste Weg rechts" eben leicht zum zweiten oder dritten Weg. Nach weiteren 30 min Hin- und Herreitens bin ich etwas nervös. Sicher, es ist noch vormittags, aber inzwischen wüsste ich auch nicht mehr sicher, ob ich zurückfinden würde. Zu oft bin ich abgebogen.
Die Sonne scheint und ich versuche mich schon die ganze Zeit nach ihrem Stand zu richten, aber im Wald kann man nie soweit voraussehen, wie man möchte und hier machen alle Wege Bögen oder schlängeln sich. Auch die Jagen-Bezeichnungen (Nummerierungen einzelner Waldabschnitte) helfen mir nur bedingt, da in meiner Karte nur ganz wenige genannt sind.
Am schwersten fällt es mir, Entfernungen zu schätzen. Meine Karte hat einen Maßstab von 1:50, das bedeutet, zwei Zentimeter sind ein Kilometer. Jetzt versuche ich beim Reiten zu schätzen, ob ich schon einen Kilometer hinter mich gebracht habe, oder eher erst 500 Meter. Doch da Rashim nicht immer gleich schnell läuft und ich inzwischen auch ab und zu trabe, kann ich die Entfernungen nicht gut schätzen.
Nach fast zwei Stunden, in denen ich mich anhand des Sonnenstandes immer weiter nach Süden vorgearbeitet habe, entdecke ich ein Schild, welches mich zur Alten Hölle weist. Aber deutlich weiter nach links, als ich es geschätzt hatte. Puh, wäre ich auch nur einen Waldweg weiter rechts gewesen, hätte ich das Schild nie gesehen und wäre im Wald rechts an der Alten Hölle vorbeigelaufen. Jetzt bin ich sehr erleichtert, denn zum Schluss war mir der Wald richtig unheimlich. Nach dem Gasthaus finde ich mich wieder gut zurecht, es geht an einer Ortschaft entlang, etwas Straße und ich komme nach Reetzerhütten.
Ich habe für meine Abkürzung (etwa 7 km Strecke) zweieinhalb Stunden gebraucht; so lange hätte ich für die Rundwegstrecke von 13 km sicher nicht gebraucht. Die Landschaft war zwar besonders schön, aber ich dachte nur ständig darüber nach, ob ich den richtigen Weg finde, und so konnte ich das nicht wirklich genießen.
Ich nehme mir vor, von nun an keine "Abkürzungen" mehr zu nehmen.
Dritter Teil nächste Woche
Quellen
Fotos
© Claudia Ansorena
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