Leserbrief 1385 09.10.04
AW: Frage bezüglich Anzeige löschen
Sehr geehrter Herr Popken,
wie kann man denn die Anzeige aus dem Archiv löschen? Sie ist ja im Grunde genommen noch vorhanden.
Wenn ich bei Google (Suchmaschine) "Marcel Neugebauer" eingebe, dann erhalte ich als Suchergebnis ganz oben (als erstes Ergebnis der zweiten Seite) (http://www.google.de/search?q=%22marcel+neugebauer%22&hl=de&lr=&start=10&sa =N) einen Link zu dieser Anzeige, die jetzt wohl noch im Archiv vorhanden ist (/164.02/Angebote/) .
Meine Frage nun an Sie: Wie kann man diese Anzeige endgültig löschen, so dass man sie auch nicht mehr als Suchergebnis finden kann?
Mit freundlichen Grüßen Marcel NeugebauerSehr geehrter Herr Neugebauer,
die Anzeige selbst ist nicht mehr vorhanden, wie ich in meiner ersten Antwort schon belegt habe. Vorhanden ist die Anzeige als Bestandteil des Archivs.
Am besten vergleicht man den ganzen Vorgang mit etwas, was man aus der Offline-Welt kennt. Wenn Sie z. B. vor drei Jahren eine Anzeige in der Cavallo aufgegeben haben, kann jedermann diese Anzeige solange sehen, wie sich ein Heft der entsprechenden Ausgabe in der Welt befindet. Da nun nicht nur die Redaktion der Cavallo, sondern auch viele Bibliotheken und Privatleute diese Hefte sammeln, kann man davon ausgehen, daß auch noch in Hunderten von Jahren diese Anzeige existieren wird.
Ob das mit den Informationen des Internet auch der Fall sein wird, kann heute kein Mensch wissen. Die Inhalte des Internet ändern sich sehr schnell. Deshalb haben Leute schon Archive des Internet angelegt. Wenn man Glück hat, kann man dort frühere Zustände von Internet-Seiten archiviert finden. Die Pferdezeitung zum Beispiel ändert immer wieder ihr Gesicht. Die alten Zustände können Sie auf der Pferdezeitung selbst nicht mehr finden. In diesem Sinne ist es gar nicht so einfach, das Internet zu archivieren. Die Pferdezeitung müßte selbst ein solches Archiv anlegen, denn da die Seiten dynamisch erzeugt werden, erscheinen die alten Ausgaben automatisch im neuen Gewand.
Manche Suchmaschinen, zum Beispiel Google, legen eine Kopie dessen an, was zu dem betreffenden Zeitpunkt gefunden wurde; das erscheint sinnvoll, weil nämlich dieser Fund die Grundlage für die Beantwortung der Anfrage ist. Auf diese Weise kann man bei Google nachlesen, warum diese Seite als Fundstelle qualifiziert wurde, selbst wenn das Original schon längst nicht mehr vorhanden ist oder andere Inhalte hat. Die Eingangsseite der Pferdezeitung ändert sich bekanntlich jede Woche mit der neuen Ausgabe - was vor drei Wochen dort gefunden wurde, steht heute nicht mehr da. Wann immer eine Anzeige gelöscht wird, und das passiert ständig, ist der alte Inhalt innerhalb der Pferdezeitung nicht mehr vorhanden.
Nun legt die Pferdezeitung aber selbst ein Archiv an, und zwar ein Archiv der Inhalte, nicht der äußeren Form. Dieses Archiv wird natürlich nicht gelöscht, denn es hat dokumentarischen Charakter. Diese Dokumentation ist unter anderem in Fällen wichtig, wo sich aus der Publikation rechtliche Streitigkeiten ergeben. Wenn die betreffenden Vertragspartner selbst keine Kopie angelegt haben, kann man auf dieses Archiv zurückgreifen. Jeder, der eine Kopie dieser Ausgabe auf seiner Festplatte abgelegt hat, besitzt ebenfalls einen Beleg. Ziemlich regelmäßig produziere ich zum Beispiel einen solchen Beleg der Gesamtausgabe. Als die Pferdezeitung noch per E-Mail verschickt wurde, bekam jeder Abonnent eine solche Kopie.
Eine Manipulation des Archivs entspricht der Manipulation der Vergangenheit. So etwas kommt immer wieder und in den verschiedensten Lebenslagen vor, gilt aber zumindest als anrüchig und möglicherweise ist es sogar kriminell. Eine Manipulation des Archivs der Pferdezeitung in seiner Online-Form ist nicht unmöglich und ich will nicht ausschließen, daß ich das einmal mache, aber im Moment kann ich mir keine guten Gründe für ein solches Handeln vorstellen. Mit dieser Maßnahme wären natürlich keineswegs sämtliche Kopien aus der Welt.
Es ist auch möglich, Google dazu zu bewegen, Seiten aus dem Cache zu löschen. Dazu muß der verantwortliche Webmaster einen entsprechenden Antrag stellen. In diesem Falle wäre das sinnlos, weil Google beim nächsten Durchgang das Archiv wieder archivieren würde.
Wer die Vergangenheit manipulieren will, muß sehr gründlich vorgehen. Beim oben konstruierten Beispiel würde das bedeuten, daß Sie sämtliche Hefte von Cavallo aufspüren, die Verfügungsgewalt darüber erlangen und in jedem Heft auf irgendeine Weise Ihre Anzeige tilgen müßten. Was das für das Internet bedeutet, kann ich mir nicht recht vorstellen. Selbst Google kennt nur einen Teil des Internet. Und wie man an die privaten Kopien herankommen soll, ist absolut rätselhaft. Das haben inzwischen zum Beispiel auch die Politiker bemerkt. Jede ihrer Äußerungen bleibt in der Welt, wenn sie ins Internet gelangt.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd Hebrang
|