Gleich bei meinem ersten Gespräch hatte sich mir nämlich die naheliegende Frage aufgedrängt, wie ein solcher Verein eine ganze Reihe von Angestellten finanziert. Als Arbeitgeber kann ich schnell überschlagen, daß eine Menge Geld monatlich durch die Kassen fließen muß, damit die entsprechenden Mitarbeiter und deren Familien versorgt sind. Nicht die Arbeitnehmer, sondern der Verein als Arbeitgeber, d. h. der Vorstand, trägt die Verantwortung für die Mittelzuflüsse.
Deshalb hielt ich die vordringliche Sorge des Vereins, neue Projekte zu entwickeln, um darüber Gelder zu erschließen, für absolut legitim. Die wissenschaftliche Begleituntersuchung zum Projekt Moosheide leuchtete mir als Hauptmotivation für das gesamte Projekt ein. Die dadurch eingeworbenen Mittel würden natürlich nicht den Pferden zugutekommen, sondern der Station zur Verfügung stehen, während diese umgekehrt für das Projekt Wildbahn verständlicherweise keinerlei Mittel erübrigen könnte, weshalb dieses vollständig durch Spenden finanziert werden mußte. So weit, so gut, logisch und nachvollziehbar.
Der finanzielle Zufluß durch dieses eine wissenschaftliche Projekt konnte allerdings nicht bedeutend sein. Wodurch finanziert sich der Verein in der Breite? Darüber muß mir niemand Rechenschaft ablegen, deshalb mußte ich selbst ein bißchen nachfragen. Meine Recherche ergab: Wenn der Staat ein Interesse daran hat, daß Naturschutzprojekte professionell und angemessen betreut werden, müßte er auch für eine entsprechende Finanzierung sorgen.
Daß er dies nicht durch die Schaffung neuer Beamtenstellen leisten wollte, fand ich einleuchtend. Den Rückversicherungsvertrag, den ich in meinem zweiten Beitrag vorgestellt habe (» Öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, der Landeshauptstadt Düsseldorf und dem Kreis Mettmann über die Finanzierung des Vereins 'Biologische Station Urdenbacher Kämpe e.V.' vom 5. Dezember 1991), hielt ich für angemessen, allerdings auch für schwach, weil die Grundfinanzierung von allen drei Geldgebern durch die vage Formulierung "soweit die Haushaltslage dies erlaubt" eingeschränkt wird.
Die vordringliche Intention der staatlichen Stellen schien durchaus die zu sein, den Lebensunterhalt der anzustellenden Mitarbeiter und damit die zu erbringenden Leistungen zu sichern. Zwar sollte der dort angesprochene Verein ebenfalls Drittmittel einwerben. Um einen entsprechenden Anreiz zu bieten, sollten diese nicht mit der "Existenzsicherung" verrechnet werden.
Die Einschränkung der Finanzierungszusage, die in Zeiten knapper Haushalte verständlich ist, macht die Intention jedoch weitgehend zunichte. Meiner Ansicht nach könnte der betreffende Verein auf keinen Fall die Zusagen einklagen. Die vertragliche Absicherung ist damit eigentlich wertlos.
Im Falle der Biologischen Station Senne gibt es ohnehin keine derartige Grundsicherung. Dennoch müßte staatlicherseits auch hier ein entsprechendes Interesse daran bestehen, daß die anstehenden Aufgaben erfüllt werden, was ebenfalls nur durch eine entsprechende Finanzierung der Mitarbeiter gewährleistet werden kann.
Diese wiederum dürften sehr am Erhalt ihrer Arbeitsplätze interessiert sein, denn Arbeitsplätze für Biologen sind sehr rar, wie mir auch sofort bestätigt wurde. Denn schon bei meinem ersten Telefonat hatte ich spontan die Aufgabendefinition und die Vereinsgründung als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für arbeitslose Biologen empfunden und dabei offenbar nicht ganz falsch gelegen.
Das Interesse der Station müßte also sein, mehr der begehrten Arbeitsplätze für Biologen zu schaffen, wobei wiederum alle "biologischen Vereine" untereinander um die öffentlichen Projekttöpfe konkurrieren dürften. Eine weitere Konsequenz liegt auf der Hand: Je knapper die öffentlichen Kassen, desto härter der Konkurrenzkampf der Naturschützer untereinander, desto wichtiger also zusätzliche Projekte wie die Wildbahn, die private Spender, Firmen und Institutionen als Geldgeber erschließen.
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