Gemessen an der doch enorm hohen Zahl an Nennungen schien mir die Anzahl an Zuschauern relativ gering, und ich hatte den Eindruck, sie sei im wesentlichen aus Angehörigen zusammengesetzt, die ihre Lieben zum Turnier begleiten.
Doch weit gefehlt! Wen immer ich auch fragte, niemand hatte jemanden begleitet. Eine Familie zum Beispiel war da, weil die beiden Töchter gerne reiten. Für ein eigenes Pferd langt es nicht und die Reitstunden sind recht teuer.
Außerdem war die ältere einmal auf einen Pferdehof geschickt worden. Sie hatte hohe Erwartungen, weil man ihr versprochen hatte, daß sie viel Kontakt mit Pferden haben würde. Das war aber nicht der Fall, und deshalb war die Enttäuschung groß. Die ungestillte Sehnsucht nach Pferden wurde also durch einen Besuch beim Pfingstturnier etwas gelindert.
Einen Mann im pensionsreifen Alter erkannte ich anhand seines extremen Äußeren gleich als alten Biker. Sollte dieser Mann etwas mit Pferden zu tun haben? Durchaus, er hatte Pferde gehabt, Warmblüter, Westfalen, und die Frau neben ihm, seine Tochter, war es jetzt leid, Englisch zu reiten. Sie träumte von einem Westernpferd, aber die, so hatte sich herausgestellt, waren zu teuer.
So hatten sie sich nach preiswerteren Alternativen umgeschaut und waren auf Haflinger gekommen. Sie hatten zwar noch keinen im Auge, aber daß es ein Haflinger sein sollte, war schon ausgemacht. Die Haflinger gelten ja als ausgesprochen begabt für das Westernreiten. Natürlich, die Tochter würde auch Turniere reiten wollen.
Soweit ich mich erinnern kann, habe ich nur einen einzigen Haflinger gesehen, einen einzigen Araber, einen Dülmener (es wird mehr Pferde anderer Rassen gegeben haben, ich war ja nur kurzzeitig da); der Rest waren Paints und Quarter Horses, auch einige Appaloosas, eines schöner als das andere und vermutlich auch ziemlich teuer. Dagegen ist ja nichts einzuwenden, wenn man die Ausgaben rechtfertigen kann. Aber es entsteht natürlich auch der Eindruck, als könne man nur mit einem entsprechenden Pferd Westernreiten.
Das ist nicht so, wie ja schon die Ausnahmen beweisen; trotzdem wird sich an der Situation nicht viel ändern, denn wer an einem Turnier teilnimmt, möchte im Prinzip gewinnen, und das kann man vermutlich mit den speziell dafür gezüchteten Rassen am leichtesten. Und wer sich zünftig ausstaffiert, möchte natürlich auch ein passendes Pferd zum Sattel und Hut.
Sogar das andere Lager schaute über die Bande: Zwei junge Mädchen gehörten zum Reitverein, und dort wird selbstverständlich ausschließlich Englisch geritten, die Westernreiter haben da keine Heimat, wenn sie nicht ausnahmsweise zahlende Gäste sind, wie jetzt beim Pfingstturnier.
Die beiden konnten sich für das Westernreiten überhaupt nicht begeistern, obwohl sie ziemlich lange ausharrten. Das fand ich merkwürdig, denn die Vorführungen hatten doch durchaus ihren Reiz. Nein, das Springen fanden sie viel interessanter: Man merkt doch sofort, wenn einer einen Fehler gemacht hat.
Das erinnerte mich an die Klagen des Grooms eines unserer Weltklasse-Vierspännerfahrer, denn der blies in dasselbe Horn: Die Leute fänden das Fahren so langweilig, sie würden, ähnlich wie bei der Dressur, keine Unterschiede sehen, es sei nicht spektakulär genug; beim Springen würde jeder Idiot verstehen, worum es geht, ähnlich wie beim Fußball: "Tooor!!!" Allenfalls das Hindernisfahren sei noch akzeptabel für die Leute, denn wenn ein Ball vom Hütchen fiele, sei das ein eindeutiges und unmißverständliches Zeichen.
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