| | | | Sliding Stop am losen Zügel... | | | |
| | | Trotz alledem: Wenn ich an die Szenen zurückdenke, will mir daran etwas nicht gefallen. Ich sehe ein, daß Wettbewerb gut ist, und deshalb muß man die verschiedenen Disziplinen üben, das ist klar.
Wir Menschen leiden bei Prüfungen ebenfalls unter Prüfungsstreß; allgemein gilt es als nicht vorteilhaft, kurz vor der Prüfung noch einmal voll aufzudrehen. Im Gegenteil: Vor der Prüfung soll man abschalten. Wer es bis dahin nicht gelernt hat, wird es so kurz vorher auch nicht mehr lernen, er macht sich eher verrückt und weiß dann weniger statt mehr.
Das gilt besonders für sportliche Disziplinen. Man macht Auflockerungsübungen, man spannt sich kurzzeitig an, aber ein 100-Meter-Läufer wird nicht dreimal die 100 Meter laufen, bevor er den Wettbewerb beginnt. Insofern wundert es mich nicht, daß dieser Mann den ersten Preis nicht bekommen hat - vermutlich hatte er die falsche Einstellung.
Das Geschehen erinnerte mich ein bißchen an die Geschichten eines bekannten Trainers, der als Turnierteilnehmer berüchtigt war (ich höre es immer wieder von den verschiedensten Seiten), weil er sein Pferd vorher so gnadenlos quälte. Quälerei will ich das, was ich in Löhne beobachtet habe, nicht gerade nennen, aber schön war es für mich nicht.
Das Verhaltensmuster Sliding Stop gehört wahrscheinlich nicht zum Imponierverhalten oder zur Überlebensstrategie, es ist vermutlich erlerntes Verhalten. Höchste Geschwindigkeit deutet auf Flucht hin, auf Gefahr. Vollbremsung riecht nach noch mehr Gefahr. Aber halt: Bin ich da noch auf der richtigen Fährte?
Die englische Reitweise hat keine entsprechenden Übungen, was sicherlich daran liegt, daß in der Gebrauchsreiterei und der militärischen Reitweise dieses Verhalten nicht gebraucht wurde.
Die Cowboys hingegen haben Rinder gehütet, getrieben und gestellt. Im Cutting sieht man sehr schön, daß die Pferde ganz alleine arbeiten und der Mensch sich lediglich im Sattel festhält und aufpaßt, daß er nicht herunterfällt.
Aber da stellt sich schon wieder eine neue Frage: Wie kommt es, daß Pferde "Cow-Sense" haben? Zum Überleben haben die das sicherlich nicht gebraucht: Rinder sind auf dem Speiseplan der Pferde nicht zu finden.
Wie dem auch sei: Ich habe meine Augen aufgemacht und Fotos geschossen, und was ich gesehen habe, hat mir ganz spontan und intuitiv nicht immer gut gefallen.
Später habe ich dann in aller Ruhe die Fotos betrachten können und festgestellt, daß die Zügel im Regelfall betont locker gehalten wurden, geradezu demonstrativ, aber beim Sliding Stop in den meisten Fällen extrem angezogen wurden.
Bei einem Foto sieht es so aus, als ob das Pferd am losen Zügel stoppt, aber es kann sein, daß der Reiter in diesem Moment bereits wieder losgelassen hat, denn auf einem anderen Foto zieht dieser Reiter die Zügel genauso hart an wie die anderen.
Der Sliding Stop ist natürlich spektakulär und wird höchstens übertroffen vom Cutting, was auf dieser Veranstaltung nicht angeboten wurde. Alle anderen Darbietungen sind für mein Gefühl eher harmlos und für mich unproblematisch. Sensationen muß eine Veranstaltung jedoch haben, denn das Publikum will sich begeistern (und die Fotografen wollen ebenfalls etwas Spektakuläres fotografieren können).
Es läßt die Frage mich nicht los: Wie bekommt der Reiter es hin, daß das Pferd einen Sliding Stop hinlegt? Ein scharfer Galopp aus dem Stand ist vielleicht noch nicht einmal so ungewöhnlich, denn die Pferde sind ja Lauftiere. Das Laufen macht ihnen durchaus Spaß, auch mal ein schneller Sprint. Wie aber bekommt man sie dazu, daß sie so spektakulär stoppen?
Ich hatte aus der Literatur entnommen, daß ein perfekter Sliding Stop ohne Zügelhilfe geritten wird. Jedenfalls dann, wenn das Pferd die Übung beherrscht. Was passiert, bis es soweit ist?
Da erinnerte ich mich, daß ich seit langer Zeit ein Buch im Regal liegen habe, das ich bisher noch nicht besprochen habe, weil es schon sieben Jahre alt ist; ich war mir gar nicht sicher, daß das Buch noch zu haben ist.
Es ist noch zu haben und es ist offenbar immer noch ein Standardwerk. Ich habe nachgelesen und bin jetzt im Bilde. Was ich darin fand, war so interessant, daß ich einen weiteren Artikel schreiben möchte, um darin ein bißchen in die Tiefe zu gehen. Damit Sie sich nicht überfüttert fühlen, werde ich in der nächsten Woche ein anderes Thema dazwischenschalten.
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