Mein Vater war inzwischen auch auf den Geschmack gekommen. Er durfte ab und zu auf Cara reiten und hatte wirklich Spaß daran. Er hatte sich schon als kleiner Junge für Pferde interessiert. In der ländlichen Gegend, in der er geboren wurde, wurden Pferde noch als Arbeitstiere in der Landwirtschaft eingesetzt. Einmal erzählte er mir, daß er damals alle Pferde des Dorfes an dem Geräusch ihrer Hufe erkennen konnte.
Das Pferd als Reittier für den Freizeitsport wurde erst Ende des zwanzigsten Jahrhunderts wirklich populär. Mein Vater hatte daher natürlich auch nie in seinem Leben Reitunterricht bekommen. Uns machte es Spaß, ihm zur Abwechslung auch mal etwas beibringen zu können. Wir konnten jedoch niemals alle zusammen ausreiten. So spielte mein Vater im Frühjahr 1996 dann mit dem Gedanken, sich ein eigenes Pferd zu kaufen.
Er wurde auch schnell fündig. In einer Anzeige las er von Aphrodite. Sie war eine 18 Jahre alte Hannoveranerstute, die ihr Leben lang zur Zucht eingesetzt worden war. Nun wurde ein anderer Typ gefragt.
Bei unserem Besuch dort erzählte uns ihr Besitzer, daß die Zucht schlankere, kleinere und leichtere Pferde verlange. Aphrodite gehörte noch zum "alten Typ". Wenn man Eines nicht von ihr behaupten konnte, dann daß sie schlank und leicht war.
Sie war schon ein beeindruckendes Tier, eine 1,75 m große Fuchsstute von kräftiger Statur und absolut sanftmütigem Wesen, also genau das, was mein Vater gesucht hatte.
In ihrem Alter sollte sie nun keine Fohlen mehr bekommen. Sie war sehr unregelmäßig auch geritten worden. Der Züchter suchte jemanden, der sie zwar freizeitmäßig noch reiten konnte, sonst aber keine größeren Anforderungen mehr an sie stellte
Mein Vater freute sich über Aphrodite ebenso sehr, wie wir uns über Cara und Smoky gefreut hatten.
Und genauso, wie er sich freute wie ein Kind, verhielt er sich dann auch am Anfang unvernünftig. Er wollte gleich am ersten Tag mit ihr ausreiten. Wir (die wir ja so vernünftig sind) rieten ihm zwar davon ab, aber er war so aufgeregt, daß er sich nicht davon abbringen lassen wollte.
Anfangs ging es auch noch gut. Aphrodite war ihrerseits auch sehr aufgeregt, da die Umgebung und die anderen Pferde ihr völlig fremd waren. Auf dem Rückweg verlieh sie dann ihrer Freude mit ein paar Bocksprüngen Ausdruck. Für unseren Vater kam das ein wenig überraschend und er machte Bekanntschaft mit dem westfälischen Ackerland.
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