Ostsee-Sternritt mit Ex-Rennpferden 30 "ausrangierte" Galopper stellen beim einwöchigen Wanderritt zu Deutschlands ältester Rennbahn Bad Doberan ihre Freizeit-Tauglichkeit unter Beweis Am 30. Juli treffen ungefähr 30 Galopper in Bad Doberan ein. Was zunächst wie nichts Besonderes wirkt, weil zu der Zeit ja schließlich das Ostseemeeting mit 32 Galopprennen stattfindet, ist jedoch europaweit einmalig. Der Unterschied: diese Pferde kommen nicht im komfortablen Transporter, sondern legen 250 km zu Fuß zurück. Und sie haben ihre Rennkarriere längst beendet - Rennpferde-Rentner auf einem einwöchigen Wanderritt zu Deutschlands ältester Galopprennbahn.
Vom Rennpferd zum Reitpferd Die Karriere eines Rennpferdes kann erfolgreich sein oder erfolglos - auf jeden Fall ist sie kurz. Jeden Herbst rücken um die tausend Jährlinge in die deutschen Rennställe ein - die älteren müssen Platz machen. Im Alter von sechs Jahren verlässt ein Galopper meist den Rennstall. Oft steht ihm ein schwieriger Weg bevor, nämlich die Umschulung zum "ganz normalen" Reitpferd. Vollblütern haftet der Ruf an, hochsensibel und übernervös zu sein, weshalb manche Pferdehändler die Papiere mit der eigentlich hochnoblen Abstammung (die Rasse wird seit 1791 rein gezüchtet) einfach wegwerfen. Dass es sich beim Bild des überzüchteten, nicht zu bändigenden und möglicherweise auch noch auf den Beinen kaputten Ex-Galoppers um ein Klischee handelt, wollen rund 30 Reiter und Reiterinnen zeigen, die mit ihren Rennpferde-Rentnern einen einwöchigen Sternritt von Schwerin und Berlin ausgehend an die Ostsee machen. Neben der öffentlichkeitswirksamen Präsentation des englischen Vollblüters als freizeittaugliches Allround-Pferd geht es aber vor allen Dingen um die gemeinsame Freude an Pferd und Natur. Und ums Kennenlernen - denn weder Pferde noch Reiter sind bislang untereinander bekannt! Via Internet an die Ostsee Die Idee zu dem Wanderritt hatte ihren Ursprung im Internet. In einem Forum für den Galopprennsport erzählten Eva Richter und Merle Schmidt von ihren Ex-Rennpferden. Flugs entstand der Wunsch, sich einmal kennen zu lernen - und die Pferde gleich mit. Weil Eva Richters Lover Boy nicht gerne in den Hänger geht, wollte man sich eben gleich zu Pferd treffen. Und schon wurde aus der anfänglichen Schnapsidee ein großes Unterfangen, denn immer mehr Besitzer von "ausrangierten" Galoppern wollten mitreiten. Der Doberaner Rennverein e. V. von 1822 erklärte sich bereit, eine Art Schirmherrschaft über den Sternritt zu übernehmen. Unter Federführung des Sponsorenbetreuers der Renntage, Adolf-Friedrich Schleifenbaum, entstand die Idee nicht nur einer Veteranenparade, an der auch der Derbysieger von 1999, Belenus, und der langjährige Publikumsliebling Power Flame teilnehmen, sondern auch eines Veteranenrennens für die "Rentner", bei dem es nicht ums Gewinnen, sondern vor allem ums Dabeisein geht.
Die Rennpferde-Rentner Im Mittelpunkt des Interesses stehen - logisch - die Vierbeiner. Anders als früher auf der Rennbahn laufen beim Ostsee-Sternritt große Sieger und kleine Lichter gleichberechtigt mit. Jedes Rennpferd hat seine eigene Geschichte. Es ist, da schon die Decktaxe teuer war, auf den besten Weiden Europas im Herdenverband groß geworden. Es ist durch Auktionsringe gegangen und wurde in großen Rennställen ausgebildet. Viele Vollblüter maßen sich oft ein Dutzend Mal im Jahr mit ihren Artgenossen im Wettlauf und haben 20 verschiedene Rennbahnen kennen gelernt. Wenn die Pferde vor dem Rennen paradierten, murmelten Zocker, über die Wettzeitung gebeugt, den Namen ihres Favoriten und schrien ihn laut heraus, wenn das Pferd mit der Nase vorn dem Ziel entgegenlief. Jedem Rennpferd, und sei es noch so ein großer Außenseiter, hat schon einmal ein Wetter "sein Geld mitgegeben", wie es heißt - in der Hoffnung, es möge sich durch Sieg oder Platz vervielfachen. Auf dem Weg nach Bad Doberan treffen sich so unterschiedliche Pferde-Biografien wie die von Timbre und Power Flame. Timbre war kein sonderlich talentiertes Rennpferd, weshalb ihn Tanja Steinhauer, die ihn bereits aus dem Training kannte, günstig bekam. Wie ein Mädchen-Pferde-Abenteuer-Roman klingt daher die Geschichte vom anschließenden gemeinsamen Sieg gegen den Champion der Amateurrennreiter. Ganz anders bei Power Flame. Der Fuchs aus der hochkarätigen Zucht von Kaffeehändler Addi Darboven gehörte über Jahre hinweg zur Spitzengruppe der deutschen Meiler und begeisterte die Zuschauer immer wieder durch seinen starken Siegeswillen. Ein Pferd von seiner Güte - er gewann 13 Rennen und über 300.000 Euro - wird normalerweise ein begehrter Zuchthengst. Nicht jedoch Power Flame, denn er hatte als junges Pferd einige Schwierigkeiten gemacht (unter anderem war er in Baden-Baden ausgebüchst und bis ins Bierzelt gelaufen) und war deshalb kastriert worden. Seine jetzige Besitzerin Catrin Nack hatte kaum gehört, dass er den Rennstall verlassen sollte, als für sie feststand: Den muss ich haben. Der einstmals schwierige Star-Galopper ist heute als Freizeitpferd "im Gelände eine Lebensversicherung", erzählt Catrin Nack. Eben genau nicht wie das Klischee vom überzüchteten Vollblüter, gegen das 30 Reiterinnen und Reiter Anfang August anreiten werden.
Es gibt noch die Möglichkeit mitzumachen!
Weitere Informationen im Internet: » www.Turfforum.de Paddock Thema Ostsee-Sternritt oder bagatelle@freenet.de |