Leserbrief 669 03.03.02
Ich brauche ein bißchen Trost von anderen Pferdeleuten.
Ich habe am Freitag meine fast 13jährige Traberstute einschläfern lassen. Und jetzt ist da ein ganz tiefes Loch, eine riesige Leere und ein unendlich tiefer Schmerz!!!
Ich sage mir immer wieder: Ich habe mein Pferd umgebracht!!! Ich habe sie nicht gefragt, ob sie weiterleben will! Sie hat für das Laufen gelebt! Und sie hätte wochenlang eingesperrt sein müssen, weil sie sich am E-Zaun eine tiefe Schnittverletzung am Sprunggelenk zugezogen hat.
Zu dem hatte sie seit Jahren Arthrose in der Hüfte, die nur durch die ständige Bewegung im Offenstall und auf der Wiese im Griff war! Es ging ihr die letzten 3 Jahre bei mir noch richtig gut, nachdem der Tierarzt sie schon als nicht-reitbar eingestuft hatte, habe ich sie aber wieder aufgebaut und konnte noch schöne Spazierritte mit ihr machen! Und jetzt hätte sie aufgrund dieser sehr tiefen Wunde mindestens 4 Wochen stehen müssen. Ein Mini-Paddock wäre erlaubt gewesen - natürlich nur trocken!
Das Pferd hätte wochenlang unter Beruhigungsmittel gestellt werden müssen, um mit diesem Eingesperrtsein klarzukommen. Sie wäre sicher wieder sehr steif geworden.
Zu dem der Stress im neuen Stall, in den wir erst am gleichen Tag eingezogen sind!
Ich wollte ihr das alles nicht zumuten. Und mir vielleicht auch nicht mehr! Obwohl ich nichts mehr geliebt habe als dieses Pferd! Aber ich hatte einfach Angst, diesem Pferd nochmal den Stress der langen Boxenruhe und eventuelle Schmerzen zuzumuten! Wenn aus den 4 Wochen doch mehr geworden wären, wenn die Wunde nicht richtig verheilt wäre, wenn die Entzündung den Knochen angegriffen hätte, wenn die Arthrose durch das lange Stehen sich verschlechtert hätte...
Bis dahin ging es meinem Pferd noch richtig super. Sie konnte das ganze Jahr auf einer riesigen,matschfreien Wiese laufen in einer netten kleinen Herde.
Ich wollte einfach nicht mehr mit dem Einschläfern warten, bis es ihr schlecht geht und sie leiden muß. Und ich wußte immer, was Eingesperrtsein für mein Pferd bedeutet hat.
Sie hat für das Laufen gelebt!!!
Ich leide jetzt unendlich und vermisse sie wie verrückt. Da ist jetzt ein riesiges Loch und ich werfe mir immer wieder vor, sie umgebracht zu haben. Hätte ich es doch mit der Behandlung und der Boxenruhe versucht, vielleicht wäre es gar nicht so schlimm geworden und ich hätte sie danach wieder aufbauen können! Aber es hätte auch schlecht laufen können, und das wollte ich ihr unbedingt ersparen!
Für uns Menschen ist das Einschläfern wahrscheinlich immer schwer - ganz gleich, zu welchem Zeitpunkt.
Ich wollte meinem Pferd keinen Stress zumuten und nicht warten, bis sie Schmerzen leiden muß. Ob das jetzt auf uns zugekommen wäre oder erst in ein paar Jahren.
Sie hatte nach 4 Jahren auf der Trabrennbahn noch 7 ganz tolle Jahre bei mir! Ich habe immer auf eine artgerechte Haltung geachtet, die letzten 3 Jahre hat sie im Offenstall und auf einer großen Ganzjahresweise verbracht.
Ich wollte, daß ihr Leben so schön endet.
Natürlich hätte es noch ein paar Jahre weitergehen können und wir hätten auch diese Hürde gemeistert... aber ich wollte ihr unbedingt den Stress des Eingesperrtseins, zugedröhnt mit Beruhigungsmitteln, wochenlang nicht laufen,wälzen,mit anderen Pferden zusammen sein, - das wollte ich nicht! Das hätte sie auch nicht verstanden!
Und wer weiß, ob die Verletzung am Gelenk problemlos verheilt wäre und wie sie das mit der Arthrose überstanden hätte, das lange Stehen...
Trotzdem denke ich immer wieder: es war MEINE Entscheidung! Und ich habe SIE nicht gefragt, ob sie noch leben will!
Ich sehe sie immer vor mir, wie sie über die Wiese fegt wie Black Beauty! Sie war so ein stolzes,schönes Pferd!
Und dann die Bilder vom Ende. Wie sie zusammenbricht. Wie sie da liegt, ich sie streichel, und das Leben aus ihrem Körper geht. Die schwarzen,glänzenden Augen sind ganz milchig geworden.Das war nicht mehr mein Pferd !!!
Ich vermisse meine Gina Lady unendlich und habe einen wahnsinnig tiefen Schmerz in mir !
Traurige Grüsse. Marion |