Dazu sind erst einmal einige Fragen zu klären: - Warum muß man die Pferde behandeln?
- Und wie oft sollten sie behandelt werden?
- Wie erkennt man, daß eine Behandlung nötig ist?
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Wie oft? Bis zum Alter von 5 Jahren sollten die Zähne zweimal jährlich inspiziert werden, weil bis dahin der Zahnwechsel stattfindet. Schäden für das bleibende Gebiß können in dieser Zeit gut erkannt und behandelt werden. Danach ist eine jährliche Kontrolle ausreichend, allerdings sollte bei Gebißanomalien weiterhin halbjährlich kontrolliert werden. Daraus ergibt sich, daß bei mehr als einer Million Pferden die zahnärztliche Versorgung hierzulande keineswegs gesichert ist. Wenn Zahnpflege so regelmäßig vorgenommen werden soll wie Hufpflege, brauchen wir wesentlich mehr Spezialisten und/oder mehr Fortbildung für die Tierärzte. Warum? Die Pferde haben eine lange Entwicklung hinter sich. Sie sind spezialisiert auf harte Gräser in der Steppe, die sie auf langen Wanderungen aufnehmen. Sie nehmen dabei in der Wildbahn auch Erde und Sand auf, wodurch die Zähne geschliffen werden. Die Außenränder der Backenzähne bekommen durch den Mahlvorgang einen scharfen Rand, der durch ausreichende Kaubewegungen in Zusammenhang mit kleinen Steinchen weg bricht. Heute stehen die Pferde im Stall und bekommen vielfach Müsli, Mash, Pellets, Körnerfutter, Heu, mit anderen Worten: die Bedingungen sind völlig andere. Sie müssen sich noch nicht einmal bücken, um an ihr Futter zu kommen. In der freien Natur nutzen sich die Zähne gleichmäßig ab, weshalb sie etwa 3 mm im Jahr wachsen, damit die Balance gewahrt bleibt. Das tun sie auch heute noch. Die vorderen Zähne, mit denen das Gras gerupft, im Winter gegraben wird, werden aber mangels Abnutzung zu lang. Die Backenzähne werden durch zu viel hartes Futter wie Hafer und Mais zu stark und nicht im normalen Abriebsmuster abgenutzt. In der Folge preßt das Pferd die Zähne stärker aufeinander, weshalb die Vorderzähne nach vorne wegkippen. Dies wiederum führt zu Schmerzen in den Zähnen und Kiefergelenken und begünstigt die Hakenbildung auf den Backenzähnen. Deshalb hat der Pferdezahnarzt in vielen Fällen die Vorderzähne gekürzt. Die Bilder sprechen für sich. Diese Arbeit ist ohne Sedierung (Betäubung) nicht durchführbar, wie man sich leicht vorstellen kann. Nebenbei: Steven M. Stanley, John Hopkins Univ., glaubt 1998 die rätselhafte Frage geklärt zu haben, warum die Pferde in Amerika, woher sie ursprünglich stammen, ausgestorben sind. Der Grund soll darin liegen, daß in mehreren Wellen die Gräser sich verändert haben und immer härter geworden sind ( A tale of horses, grass, and climate change). Die etwa 11 verschiedenen Pferdearten haben sich zunächst stark reduziert auf 4 und sind dann in Amerika vollständig ausgestorben, weil die Zähne für die neuen Grassorten zu weich waren, die Tiere also nicht lange genug leben konnten, um sich reproduzieren zu können. Zunächst starben die Pferde mit kurzen Zähnen aus, dann die mit langen. Die neuen Grassorten hatten ungefähr dreimal soviel Silikate (daraus besteht z.B. Sand) und bevorzugten das trockene Wetter, das um diese Zeit das Klima der Erde bestimmte. Die Silikate werden von den Pflanzen benutzt, um sich gegen Pflanzenfresser zu wehren. Um dieselbe Zeit sind weitere Tierarten ausgestorben, vermutlich aus denselben Gründen. Man sieht also: die Tiere und die Pflanzen sind hervorragend aufeinander abgestimmt. In diesem Falle paßt die Menge an Silikaten genau zum Wachstum der Zähne, das den Abrieb durch die Silikate kompensieren muß. Der Mensch bringt dieses delikate System durcheinander, wie vordem der Klimaumschwung.
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