Aber genau dafür hatte ich schon zu viel Zeit und Geduld investiert. Sie hatte weder bei den Menschen noch bei den anderen Pferden Freunde, aber irgendwie mochte ich sie mittlerweile.
So kam der Gang zum Landratsamt, um zu klären, wie es weitergehen soll. Der freundliche Sachbearbeiter konnte mir näheres über sie erzählen: Sie heißt Bella und war vor der Enteignung bei einem Bauern in einem benachbarten Dorf eingestellt, mit der Bedingung, dass sich der Eigentümer selbst komplett um sie kümmert.
Das ging aber schon ziemlich lange daneben, der Eigentümer bzw. der/die Reiter/in hatte kein Interesse und dem Bauern war's egal.
Also stand sie entweder allein auf einer nackten Koppel, wo der Tierschutzverein gelegentlich Heu brachte oder allein in einer Box o.ä., neben einem Wassereimer und bis zu den Sprunggelenken im Mist, wie auf einem Foto ihrer Einzelhaftzelle zu sehen war.
Zum Zeitpunkt der Abholung ging sie in der Regel auf fast jeden Besuch los, reitbar war sie schon länger nicht mehr. Ein krasses Opfer unverständiger Eltern, die dem Nachwuchs irgendein Pferd kaufen, ohne Ahnung von der Sache, Hauptsache billig.
Wie so oft, kommt der Nachwuchs mit dem schwierigen oder schlecht ausgebildeten Tier auf Dauer nicht klar, verliert die Lust und lässt Pferd einfach Pferd sein.
Für Bella gab es bloß noch zwei Möglichkeiten: Entweder ich kaufe sie, weil niemand anderer sie will, oder sie kommt doch noch zum schlachten.
Nach ein paar Tagen Bedenkzeit hatte ich für mich eine Lösung zurechtgeschnitzt: Ich versuche, sie bis zum Herbst so weit zu bringen, dass sie ein anderer nimmt - sie ist ja nicht unrecht, bloß versaut. Und ein paar Monate würde ich das mit der Stallmiete schon schaffen.
Um den Preis mussten wir noch reden: Die Stadt stellte sich 1.500,- vor, soviel wie bei einem Transport nach Italien rausgekommen wäre. Ich fragte dann, ob das mit einer monatelangen Unterstellung im Nobelstall für 500,- DM pro Monat zusammenpasst und konnte sie dann doch zum normalen Schlachtpreis überreden. So ging ich zur Kasse, zahlte und ging noch recht ungläubig mit meiner Quittung raus - ich war Pferdebesitzer.
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