 |  | Beim Bauern in der Lichtenau |  |  |  | Apropos Weg suchen: Ich hatte zu der Zeit einen Orientierungssinn wie ein blindes Huhn im Wald. Es fehlte jeder Bezug zu Strecke pro Zeit, Richtung oder ähnliches, wenn ich nicht an der Straße unterwegs war. Monatelanges Möbelfahren in München vor der Studienzeit hatten also gar nichts genutzt.
Dazu wollte ich immer lieber die "Abkürzung" direkt durch das Gelände anstatt die langen Bögen irgendwelcher Wege. Und weil die Lichtenau zum Reiten nur sehr mäßig geeignet und dazu recht sumpfig ist, sind wir oft plötzlich bis zu den Sprunggelenken irgendwo steckengeblieben.
Aber Bella hatte Nerven wie Drahtseile, ich bin jedes Mal schnell abgestiegen, sie mit einem beherzten Kraftakt raus aus dem Schlammloch und weiter gings.
Die Reiterei und der Umgang mit Bella wurden immer besser und ich glaube, es machte uns beiden Spaß. Nur mit dem Umfeld war es ein bisschen mühsam.
Es war klar, dass wir nicht annähernd zu den anderen im Dressurstall passten, zudem war eine Boxenmiete von damals 500 DM einfach zu viel für mich.
Bella zog also um zu einem benachbarten Bauern, bei dem sich vor allem dessen Frau, Irin, mit Pferden befasste und selber ein paar hielt. Ich konnte dort eine große Box herrichten - so viel Platz hatte Bella noch nie.
Aber jetzt kam die kalte Jahreszeit, und wegen einer Streiterei mit dem Partner der Dressurstallbetreiberin konnte ich bei Sauwetter nicht mehr in die Halle ausweichen. Als Reitplatz musste ein Teil der Weide herhalten, aber weil es so früh dunkel wurde, war an Reiten eh nicht mehr zu denken.
Zu allem Überdruß fehlte jetzt komplett der Kontakt zu Gleichgesinnten - Irin hatte Haushalt, Kinder und ihren Ehemann zu versorgen und nicht mal für ihre Pferde genug Zeit.
Wie oben beschrieben, war es ja geplant, Bella im Herbst an einen guten Platz zu vermitteln. Das konnte ich aber komplett vergessen, weil sie gegenüber fast allen fremden Leuten und Pferden unausstehlich igelig und agressiv war.
Die Lösung war die "Heimkehr" nach Polling, dem Stall, in dem ich seit meinem 15. Lebensjahr eher daheim war als im Elternhaus und in dem ich mir immer noch einen Teil meines Lebensunterhalts verdiente.
Ich wollte bis dahin Arbeits- und Freizeit- sprich Pferdeplatz immer trennen, damit gar keine Konflikte entstehen, wenn ich am arbeitsreichen Samstag auf Tour gehen will. Zudem war ich schon damals mit der dort praktizierten Art der koppelfreien Boxen- bzw. Ständerhaltung nicht einverstanden.
Die Summe aller Vorteile überwog dann doch: Ich hatte jetzt wesentlich weniger Anfahrtsweg, Halle und Platz, die einfache Möglichkeit, Reitstunden zu nehmen und viele Leute, die ich kannte.
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